Auswanderer: Karl-Wilhelm Hinsch auf “Heimaturlaub“ in Lauenburg

"Ich habe alles richtig gemacht, zum ersten Mal in meinem Leben kann ich die Tage schmerzfrei genießen", erzählt ein sonnengebräunter Karl-Wilhelm "Kalli" Hinsch beim Treffen mit alten Freunden im "Alten Schifferhaus". Im Januar ist der 51-Jährige, der in Lauenburg als Sachbearbeiter im Wasser- und Schifffahrtsamt gearbeitet hat, mit Ehefrau Renate (53) und Sohn Dominik (12) nach Mallorca ausgewandert. Grund waren permanente Schmerzen durch die kühle norddeutsche Witterung, die das Contergan-Opfer an manchen Tagen "fast verzweifeln" ließen. Das Klima auf der Sonneninsel hat diese Erinnerung verblassen lassen - fast.

Es ist trüb und kalt, als Kalli beim ersten Heimatbesuch in Hamburg aus dem Flugzeug steigt: "Sofort waren die Schmerzen in den Gelenken wieder da." Seine Vorfreude trübt das nicht, die Programmpunkte seiner Stippvisite sind lang. Die Mutter will in Ilienworth bei Cuxhaven besucht werden, Tochter Lisa-Marie, die wegen ihres Freundes und des Arbeitsplatzes in Hamburg auf den Umzug verzichtete, in Perleberg. Treffen mit alten Kumpels stehen an, Freunde in Berlin haben eine "Welcome-Party" organisiert. Untergekommen ist er bei seinem Ex-Kollegen Volker Köntopf in Hohnstorf. Heute wird Karl-Wilhelm Hinsch wieder in ein Flugzeug steigen - mit vielen Erinnerungen und der Aussicht auf eine schmerzfreie Zeit.

In seinem Wohnwort Santa Maria del Cami ist er inzwischen umgezogen: "Beim ersten Mal habe ich nicht richtig nachgedacht. In Lauenburg gründe ich die Interessengemeinschaft Behinderte Menschen und auf Mallorca miete ich ein Haus mit drei langen Treppen. Das ist doch paradox", lacht er über sich selbst. Dank seiner inzwischen genehmigten Contergan-Rente konnte er sich ein größeres Anwesen mit Swimming-Pool, einer Gäste-Wohnung und einem großen Garten sichern. "Dort kümmere ich mit um Blumen, Obst und Gemüse und halte einen kleinen Zoo mit Kaninchen, Meerschweinchen, Hühnern und Enten", erzählt der Rentner über seinen Tagesablauf. Dazu gehören auch Spaziergänge mit "Jacky". Der Collie-Mix hat inzwischen Gesellschaft bekommen: Collie-Hündin "Nelly" wurde von Familie Hinsch vor dem Einschläfern im Tierheim gerettet.

Hoch im Kurs steht nach wie vor der Fußball: Kalli Hinsch trainiert die "Infantiles", die 12 bis 14 Jahre alten Kicker des örtlichen Fußballvereins. Dort ist auch Sohn Dominik aktiv. Die Verständigung klappt von Woche zu Woche besser - dank des Unterrichts bei der perfekt Spanisch sprechenden Mutter Renate.