Chronik der Flut: Betroffene erinnern sich an die bewegenden Tage im Juni

Kinder verarbeiten ihre Erlebnisse oft in Zeichnungen. Der sechsjährige Jonathan wohnt in der Elbstraße und hat das Hochwasser miterlebt. Er bringt seine schlimmsten Erinnerungen aufs Papier. Eines seiner Bilder zeigt Sandsäcke, eine große Pumpanlage, die Kirche, seinen Vater und ihn selbst. "Die lauten Geräusche der Pumpe und das rote Licht von den Autos, haben mir Angst gemacht", erzählt er.

Sein Bild gehört zur Sammlung von Erinnerungen an die große Flut im Juni dieses Jahres. Der Arbeitskreis Altstadt Lauenburg (AAL) hatte vom Hochwasser betroffene Anwohner dazu eingeladen. Die so entstandenen Exponate werden ab sofort im Elbschifffahrtsmuseum ausgestellt. Aus den Geschichten und Bildern soll später eine Chronik entstehen.

Jonathans Vater ist einer der Organisatoren. "Wir sind als Betroffene bisher gar nicht zu Wort gekommen. Alle hatten Angst vor dem nächsten Tag und besonders die Kinder müssen den Schock nun verarbeiten", sagt er. Seine Geschichte setzt sich mit dem Auftreten des Katastrophenteams auseinander. Er wurde, weil er mit seinem Sohn nach seinem Haus sehen wollte, scharf angegriffen. "Ich würde das Leben meines Kindes auf Spiel setzten, falls er mit dem vergifteten Boden in Berührung kommt. Ein Reporter, der sich auf das Pflaster der Elbstraße legte, um eine bessere Perspektive zu bekommen, wurde ignoriert", erzählt er. Iris Kahnwald aus der Elbstraße 99 erinnert sich: "Wir saßen auf gepackten Taschen, aber als wir dann plötzlich unser Haus verlassen mussten, war das, als wenn sich der Boden auftut und man hineinfällt."

Nur einige der über 40 Anwohner, die am Donnerstag zur Auftaktveranstaltung in die Osterwold-Halle kamen, pinnten ihre persönlichen Geschichten und Fotos an die Pappwände. Viele von ihnen sind noch immer nicht in der Lage, über das Erlebte zu sprechen. "Wenn ich die Geschichten höre, kommt alles wieder hoch. Ich habe Gänsehaut" sagt Heike Dietrich und Marion Jansen meint: "Was bleibt, ist die Ungewissheit: Wann kommt das nächste Hochwasser, wo es doch noch Jahre dauern wird, bis die Elbstraße geschützt wird."

Jonathan malte noch ein weiteres Bild: Darauf schleppt er selbst einen großen Sack mit Kuscheltieren weg. "Ich hatte meinen Pinguin vergessen, das war ganz schlimm", erinnert er sich. Diese Geschichte ging gut aus: "Er war zum Glück noch da, als wir wieder nach Hause durften."