Ernte: Obstbauern erwarten schlechtestes Ergebnis seit Jahrzehnten - Zu kalt und zu nass

Seit fast 30 Jahren begleitet Sönke Spieckermann die Ernte auf dem Obsthof am Sachsenwald in Dassendorf. Erst an der Seite seines Vaters und Großvaters. Heute ist er selbst der Chef. "In fast 30 Jahren habe ich eine Ernte wie diese noch nie erlebt", sagt der 49-Jährige. Er schätzt, dass er gerade mal auf etwa 40 Prozent der üblichen Erträge kommen wird. Von einer mageren Ernte gehen auch die Obstbauern in Hamburg und dem Alten Land aus: Wurden 2012 noch 33 500 Tonnen Äpfel geerntet, so sind es nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes in diesem Jahr nur 27 800 Tonnen. Bundesweit wird mit 798 000 Tonnen (minus 18 Prozent) gerechnet, der schlechtesten Ernte seit zehn Jahren.

"Die magere Ernte liegt vor allem am Blühwetter", sagt Sönke Spieckermann. Der Mai war ungewöhnlich kalt und nass. In diesem Monat blühen aber Spiekermanns Hauptapfelsorten: Jonagold, Elster und Rubinette. "Ein paar Bienen waren vielleicht unterwegs, aber die hatten Pulli und Schal an." Normalerweise übernehme auch der Wind noch Bestäubungsarbeit, aber diesmal sei es einfach zu nass gewesen. Spieckermann baut in Dassendorf auf 13 Hektar 15 verschiedene Apfelsorten an, die er in seinem Hofladen verkauft und auch an Supermärkte in der nahen Umgebung liefert. "Die Früchte, die gewachsen sind, sind lecker, aber es hängen eben verhältnismäßig wenige an den Bäumen." Wegen der schlechten Ernte seien Äpfel im Großhandel derzeit auch recht teuer, erläutert Spieckermann. "Über den Preis kann ich die Ernteeinbußen in meinem Hofladen nicht ausgleichen." Er hofft, dass dieses Erntejahr ein Ausreißer war.

Bernd Velke, der zusammen mit Axel Otolski seit fast 30 Jahren die Lütauer Süßmosterei am Katthof betreibt, ist sich da nicht so sicher. Schon seit Jahren erreiche die Apfelernte nicht mehr die durchschnittliche Menge, hat er beobachtet. "Das hängt sicher mit der Klimaveränderung zusammen", ist Velke überzeugt. Es sei lange sehr kalt, wenn die Bienen fliegen müssten, hindere sie der Regen daran. In diesem Jahr gebe es noch eine Besonderheit: "Der lange und kalte Winter hat in der Vegetation für eine Verschiebung der Reife gesorgt", weiß Velke.

So sind die meisten Apfelsorten in diesem Jahr mindestens zehn bis 14 Tage später reif als üblich. Zurzeit sind gerade einmal die Sorten mit den hellen Schalen reif, die Äpfel, die noch eine rote Farbe bekommen, brauchen noch etwas Zeit. Velke: "Jeder Tag Sonne, den die Äpfel am Baum jetzt noch Sonne abbekommen, sorgt für ein halbes Grad Oechsle mehr Zucker."

Denn einen in der Produktion getätigten Zuckerzusatz gibt es bei der Lütauer Süßmosterei nicht. "In unserem Apfelsaft sind nur Äpfel drin", sagt Velke. "Der Apfelsaft wird wegen der schlechten Ernte aber nicht knapp oder teurer. Zumindest nicht bei uns", verspricht er. In der Lütauer Süßmosterei werden pro Jahr etwa 750 000 Liter Apfelsaft produziert.

Sönke Spiekermann erntet neben Äpfeln auch Birnen, Pflaumen, Zwetschgen und Quitten. Diese Obstsorten bereiten ihm weniger Kopfzerbrechen. Genauso wenig die Frühäpfel, wie Sunrise, Grafensteiner oder Delba. "Die Pflaumen zum Beispiel sind schön, sie blühen aber auch eher im Jahr, da war es zwar kalt aber auch trocken." Auch die anderen Sorten seien problemlos gelaufen. Spiekermann bietet sie im Hofladen in Dassendorf am Mühlenweg 7 an (Mo.-Fr. 9-18 Uhr, Sa. 9-13 Uhr).