Doktorarbeit im Ruhestand - 65-jährige Powerfrau sammelt Erfahrung in Asien

Otti Wiedenroth-Rösler, pädagogische Leiterin des Awo-Bildungszentrums Hohegeest an der Reeperbahn, hätte sich nach ihrem 65. Geburtstag aus dem Arbeitsleben verabschieden können. Doch Ruhestand liegt der sechsfachen Großmutter nicht. Und so hat sie das Angebot von Hohegeest angenommen. Sie wird der Bildungseinrichtung, deren Spezialgebiet die Ausbildung von Altenpflegern ist, stundenweise als psychosoziale Beraterin der Berufsrückkehrer zur Verfügung stehen. Nebenbei will sie das fast fertige Promotionsstudium zum Thema "Lernen und Erholung" beenden und danach nach Asien reisen. In der Mongolei wird sie eine Altenpflegeschule aufbauen und ihre Erfahrung mit benachteiligen Menschen in der Mongolei und in Deutschland in ihre Doktorarbeit einfließen lassen.

Ursprünglich war sie vom Pädagogischen meilenweit entfernt. Hochbauingenieurin war ihr eigentlicher Traumberuf. Brücken und Industrieanlagen wollte sie bauen. Ein Wunsch, der vielleicht auch etwas mit ihrer vom Krieg zerbombten Geburtsstadt Hamburg zu tun hatte. Die damals fürs Studium notwendige, handwerkliche Ausbildung machte sie in einer Bautischlerei, erlitt dort aber einen Unfall und wurde berufsunfähig. Damit zerplatze ihr Traum wie eine Seifenblase. Als Schuhverkäuferin bei Görtz entdeckte sie ihre Freude am Umgang mit Menschen und bekam Lust auf ein Pädagogikstudium. Mit drei Kindern am Rockzipfel und einem Hausmann im Rücken bastelte sie an ihrer beruflichen Zukunft. Drei Studiengänge zur Sozialpädagogin, Erziehungswissenschaftlerin und Sozialmanagerin beendete sie erfolgreich. 1999 startete Otti Wiedenroth-Rösler ihre Karriere als Honorardozentin bei Hohegeest und stieg bereits ein halbes Jahr später zur pädagogischen Leiterin für die Ausbildung von Altenpflegerinnen und Schulung benachteiligter Frauen auf. "Für die Rechte von Frauen wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit, hab ich schon in den 70er-Jahren auf der Straße demonstriert", erzählt sie. Wenn sich auch vieles bis heute nicht geändert hat, so wird für sie deutlich, dass Frauen Bildung gut tut. "Immer häufiger zeigt sich, dass Frauen gelernt haben, Leistung zu zeigen und jetzt durchaus häufiger gefördert werden als Männer", hat Wiedenroth-Rösler beobachtet.

Auch die Arbeit beim Theater Lauenburg als Schauspielerin und Theaterpädagogin wird weiterhin einen hohen Stellenwert in ihrem Leben haben. Entspannung findet die Powerfrau beim Malen und wenn sie stundenlang in ihrem Garten werkeln und in der Erde herumwühlen kann.