Genuss: Rita Hansen verkauft bald selbstgemachte Pralinen in ihrem eigenen Café

Was ist eigentlich verrückter: Schoko-Basilikum-Pralinen zu erfinden oder sich den Traum vom eigenen Café zu erfüllen - ausgerechnet in einem Haus, in dem gerade noch kniehoch das Wasser stand? Spätestens, wenn man die quirlige Rita Hansen kennen lernt, stellt sich diese Frage nicht mehr. Sie will beides und macht keineswegs den Eindruck, als würde sie sich bremsen lassen. Liebe auf den ersten Blick sei es gewesen bei ihr und dem kleinen Fachwerkhaus an der Elbstraße 20. Und dann gibt es da ja noch diese Gemeinsamkeit: "Das Haus ist aufs Jahr genau 300 Jahre älter als ich", hat die 64-Jährige herausgefunden, bevor sie den Mietvertrag unterschrieb.

Ein Café, ähnlich wie sie es aus ihrer bayerischen Heimat kennt, soll hier noch im Herbst entstehen. Dafür krempelt sich die zierliche Powerfrau Tag für Tag die Ärmel auf: Der durch das Hochwasser modrig gewordene Wandputz ist schon abgeschlagen, in den nächsten Tagen kommt der Fußboden raus. Den hätte Rita Hansen gern aus Holz gehabt, aber die gerade überstandene Elbeflut hat sie realistisch werden lassen: "Der Boden wird gefliest und die Einrichtung so hergerichtet, dass sie im Ernstfall innerhalb einer Stunde auf den Lkw verladen werden kann." Die idyllische Lage am unberechenbaren Fluss fordert eben ihren Tribut.

Freunde kommen täglich vorbei und helfen bei der Renovierung. Sie sind es auch, die als "Versuchskaninchen" für ihre außergewöhnlichen Pralinen-Kreationen herhalten dürfen. Gerade hat sich Rita Hansen eine neue Sorte einfallen lassen: Kleine Kugeln aus weißer Schokolade und einer zarten Basilikum-Füllung.

Beim Anblick der glänzenden Schokolade läuft das Wasser im Mund zusammen und alle guten Vorsätze sind vergessen: Dann macht sich der zarte Schmelz auf der Zunge breit. Die Pralinenmacherin scheint Gedanken lesen zu können: "Der Geschmack ist so intensiv, dass man für den Genuss nicht viel davon essen muss. Also bleibt die Kalorienbilanz im grünen Bereich." Überhaupt ist das die Grundidee ihres künftigen Cafés: Süße, kleine Verführungen, dazu eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wein. "Und Eis für die Kinder, das gibt's in der Altstadt bisher nicht", sagt sie. Als Konkurrenz zu den anderen Gastronomen sieht sich Rita Hansen nicht: "Je breiter das Angebot, desto wohler fühlen sich die Touristen hier, und davon profitieren wir alle", ist sie überzeugt.

Die gelernte Einzelhandelskauffrau hat gar nicht vor, im großen Stil in die Gastronomie einzusteigen. Vier bis fünf Tische im Gastraum und im Sommer ein paar Plätze vor der Tür - so schwebt ihr das vor. Und auch wenn im Moment davon noch nichts zu sehen ist, das Farbkonzept ihres kleines Cafés hat Rita Hansen auch schon genau im Kopf: Warme Holztöne, edles Grau und sattes Weinrot sollen das Ambiente bestimmen. Mindestens 10 000 Euro kostet ihr Plan, hat sie kalkuliert.

Und ist da nicht doch die Angst, dass der Traum mit dem nächsten Hochwasser wie eine Seifenblase zerplatzt? "Ich könnte mich jetzt aufs Altenteil setzen oder mit 64 Jahren noch mal durchstarten", sagt sie. Doch das Risiko bleibt und auch der Respekt vor der ungebändigten Kraft des Flusses. "Schoko-Flut" soll ihr Café einmal heißen - irgendwie passend in doppeltem Sinne.