Hochwasser: Weil Ulf Kersling in Hamburg lebt, hatte er keinen Anspruch auf Soforthilfe

Erst Mietnomaden, die neben Schulden auch einen Berg Müll hinterließen, ein Jahr später dann die verheerende Flut - Ulf Kersling hatte bisher nicht viel Glück mit dem Mehrfamilienhaus am Ende der Elbstraße. Inzwischen hat der Traum von der sicheren Altersvorsorge die letzten Ersparnisse aufgebraucht. Weil Ulf Kersling in Hamburg lebt, hat er von der Soforthilfe des Landes für die Beseitigung der Gebäudeschäden keinen Cent gesehen.

"Es gehört schon viel Idealismus dazu, nicht alles hinzuwerfen", sagt er heute. Vor zwei Jahren verliebten er und seine Frau sich in die Lauenburger Altstadt und das Haus mit den drei Wohnungen. Die Sache mit den unzuverlässigen Mietern sei eben Pech gewesen. Die 5000 Euro, die ihn die Sache gekostet hatte, hätte er als eine Art Lehrgeld abgehakt, künftig genauer zu schauen, wen man sich in die eigenen vier Wände holt.

Doch das Hochwasser kam ganz ungefragt und machte auch keinen Unterschied, ob der Hauseigentümer in Niedersachsen, Hamburg oder Schleswig Holstein lebt. Während die Nachbarn von Familie Kersling inzwischen bis zu 5000 Euro für die erste Schadensbeseitigung an den Gebäuden überwiesen bekommen haben, blieben Kerslings bisher auf allen Kosten sitzen.

Die Wohnung im Erdgeschoss ist durch die aufsteigende Feuchtigkeit unbewohnbar, der Fußboden muss auch noch raus. Die aufgestellten Trockengeräte im Keller lassen den Stromzähler rotieren. "An die Energieabrechnung will ich noch gar nicht denken", sagt Kersling und räumt ein, finanziell am Ende zu sein. Experten haben den Schaden in seinem Haus auf rund 100 000 Euro geschätzt. Und die Tilgung des Kredites, sowie die Nebenkosten für das Haus laufen auch ohne Mieteinnahmen weiter.

Inzwischen hat der Angestellte erfahren, dass er Anspruch auf Zuschüsse aus dem Aufbauprogramm des Bundes und der Länder hat. Nach den Förderrichtlinien des Programms können bis zu 80 Prozent der Schadenssumme gefördert werden. "Wie wir die verbleibenden 20 000 Euro aufbringen sollen, weiß ich noch nicht", sagt Kersling. Für viele Betroffene dauere es zu lange, bis das Geld fließt - trotz des Versprechens der Politiker, schnell und unbürokratisch zu helfen. "Langsam geht mir die Luft aus", bringt er seine Lage auf den Punkt.

Die Stadt nimmt der Hamburger von dieser Kritik allerdings ausdrücklich aus. "Ich habe selten erlebt, dass Verwaltungsmitarbeiter in einer Krisensituation so schnell und unkompliziert zur Stelle waren und immer noch sind", sagt er. Auch wenn er selbst nichts davon hatte: Die zügige Auszahlung der Mittel aus den beiden Soforthilfe-Programmen durch die Verwaltung sei beeindruckend gewesen.

"Wie die Bewohner der Altstadt in der Not zusammengerückt sind und sich noch immer helfen, davon können sich viele Großstädter eine Scheibe abschneiden"; ist er überzeugt. Dies sei eben auch eine Erfahrung aus der Flut. Und deshalb wird er seine Zelte in Lauenburg nicht abbrechen, auch wenn er sich als Hamburger von der Landesregierung in Kiel im Stich gelassen fühlt.