Pflanzrecht: Die EU lockert 2016 das Gesetz - Chance für Lauenburger Weinanbau

Ein guter Winzer braucht vor allem eines: Geduld. Dieses Gebot gilt übrigens nicht nur für die Zeit, wo aus dem Traubensaft im Fass ein edler Tropfen reift.

"Schon Karl der Große hat die für den Weinbau ausgewählten Flächen monatelang im Wechsel der Jahreszeiten beobacht, ehe er die ersten Rebstöcke pflanzen ließ", weiß Mario Scheuermann. Und so hat der renommierte Weinexperte den gesamten Winter über den Hang hinter seinem Haus im Auge behalten. Er weiß nun, auf welche Stelle des Bergs die größte Sonneneinstrahlung wirkt und sogar, dass auf der relativ kleinen Fläche des Berges Temperaturunterschiede von bis zu zwei Grad herrschen. Für den Spross einer alten Pfälzer Winzerfamilie steht daher fest: Der im vergangenen Jahr geborene Gedanke, auf dem Berg zum Zob Weinstöcke zu pflanzen, ist keine Schnapsidee.

Aber nicht nur das Klima meint es offensichtlich gut mit dem Lauenburger Wein: Ab 2016 lockert die EU das knallharte Regime um Weinanbauflächen. Bisher sind in Deutschland die Kontingente nach dem Weingesetz von 1971 eng beschränkt. Scheuermann hatte eigentlich auf eine noch größere Liberalisierung und damit die Freigabe der Pflanzrechte gehofft. Jetzt gibt es aber zumindest einen Kompromiss: Demnach dürfen in EU-Ländern Anbauflächen für Wein ab 2016 um ein Prozent pro Jahr erweitert und neue Pflanzrechte vergeben werden. Dieses Recht muss zwar flächenmäßig nicht ausgeschöpft werden, aber einen gewissen Anteil neuer Anbaugebiete muss jedes EU-Land vorweisen können. Nach der Sommerpause soll das neue Gesetz ratifiziert werden.

"Das ist die Chance für Lauenburg", freut sich Scheuermann, und weil er weiß, dass Weinanbau eine hochpolitische Angelegenheit ist, hat er inzwischen auch in Kiel für seine Idee geworben. Den Besuch von Ministerpräsident Torsten Albig in Lauenburg nutzte der gewitzte Pfälzer und machte dem Regierungschef den Mund wässrig auf den Wein vom Südbalkon des Landes. "Da werden wir wohl noch mal um Pflanzrechte bitten", soll Albig daraufhin gesagt haben.

Scheuermann will den Ministerpräsidenten nun beim Wort nehmen und dafür auch Lauenburgs Bürgermeister Andreas Thiede mit ins Boot nehmen. Den Entwurf eines hochoffiziellen Antrags auf Wein-Anbaurechte der Stadt Lauenburg hat Scheuermann schon längst in der Schublade. Schließlich liegt der sonnigste und damit geeignete Teil des geplanten Weinberges auf städtischem Grund.

Zweifel darüber, dass die Trauben in der Lauenburger Erde nicht gedeihen könnten, hat er nicht. "Es gibt hier in vielen Gärten uralte Weinstöcke", hat er festgestellt. Das hat seinen journalistischen Ehrgeiz geweckt: "Ich schreibe eine Dokumentation über Lauenburger Rebstöcke und erzähle ihre Geschichten dazu", kündigt er an. Und weil er meist durchzieht, was er sich vornimmt, ist er sich auch sicher: "In fünf Jahren können wir einen guten Müller-Thurgau aus Lauenburg trinken"

Wer einen eigenen Rebstock im Garten hat, oder mit Mario Scheuermann ins Gespräch kommen möchte, erreicht den Weinexperten telefonisch unter (041 53) 5 99 35 03.