Lauenburg. “Mehr Effizienz bei der medizinischen Versorgung“ verspricht sich Leonhard Hansen, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, von seinem Vorschlag, Patienten für jeden Arztbesuch fünf bis zehn Euro bezahlen zu lassen und für die Visitation eines Facharztes ohne Überweisung sogar 25 Euro zu kassieren.

"Die Hemmschwelle, ärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, ist immer noch gering", sagt Hansen. Unsere Redaktion hat Lauenburger nach ihrer Meinung befragt.

Allgemeinmedizinerin Dr. Margret Gölling hat den Vorschlag für gefährlich: Dann kommen die Patienten nicht mehr, obwohl sie krank sind. Im schlimmsten Fall würde das heißen: Wer kein Geld hat, stirbt am geplatzten Blinddarm." Ihr Kollege Dr. Reinhard Treptow vermutet den zunehmenden Ärztemangel, verbunden mit der Schwierigkeit, Termine zu bekommen, als Intention für den Hansen-Vorschlag: "Wenn jeder ungehindert zum Arzt geht, führt das zu längeren Wartezeiten." Verfehlte Gesundheitspolitik könne man aber nicht auf dem Rücken der Patienten austragen, den Zulauf nicht über Geld regeln: "Schon die Quartalsgebühr sollte abschrecken, das hat aber nicht lange vorgehalten." Treptow befürchtet außerdem, dass auf die Praxen bei der Umsetzung des Hansen-Planes ein "immenser Verwaltungsaufwand" zukommen würde - wie in Frankreich oder in den skandinavischen Ländern: "Dort müssen Patienten schon für jeden Arztbesuch bezahlen, haben aber auch weitaus niedrigere Krankenkassenbeiträge."

Für eine Katastrophe hält Heinz Pytlik, Vorsitzender des Seniorenbeirates, den Vorschlag: "Die Einkommen sinken, die Steuern steigen, es gibt immer mehr Arbeitslose. Wer soll das noch bezahlen können?" Gerade für ältere Menschen sei es wichtig, Vorsorge-Untersuchungen in Anspruch nehmen zu können.

"Deutschland nimmt schon jetzt den einen Spitzenplatz bei der Steuer- und Abgabenlast ein, speziell bei den Klein- und Mittelverdienern", sagt Renate Thiedemann, Vorsitzende des Sozialausschusses. Ihre Befürchtung: "Viele können sich den Arztbesuch schon heute nicht mehr leisten, weil das Geld einfach nicht da ist. Die neue Regelung würde die Situation nur noch verschlimmern."

"Jeder Mensch hat doch eine Hemmschwelle. Ich persönlich gehe nur zum Arzt, wenn ich medizinische Versorgung brauche, nicht aus Langeweile" sagt Weinhändler Klaus Meno Schönrok. Er hält den Hansen-Vorschlag für bedenklich, weil Krankheiten verschleppt würden und die später notwendige Pflege der Patienten viel mehr Geld kosten würde: "Wenn die Gesundheitsvorsorge nicht mehr finanzierbar ist, muss nach anderen Lösungsansätzen gesucht werden. Es geht doch keiner aus Jux und Dollerei zum Arzt."

Thomas Hoffmann-Schiller, Leiter des auf die Schulung von Altenpflegern spezialisierten Bildungszentrums Hohegeest der Arbeiterwohlfahrt, empfindet schon die heutige Quartalsgebühr als "Demütigung" und "Bruch des Solidarprinzips". Jeder Patient müsse hohe Krankenkassenbeiträge zahlen und trotzdem ein Bündel Zehn-Euro-Scheine in der Tasche haben, um Arztbesuche und Medikamente bezahlen zu können. Er habe daher zunächst an einen Scherz geglaubt, als er von dem Vorschlag des Ärztekammer-Präsidenten gehört habe.

Einzig Jan Eschke, Leiter der Abteilung Energie- und Umweltmanagement bei Worlée-Chemie, konnte dem Plan Positives abgewinnen: "Bei Schnupfen kaufe ich mir das Mittel selbst und renne nicht gleich zum Arzt. Effizienter wäre es allerdings, wenn die Krankenkassen Beitrags-Rückzahlungen leisten würden, wenn der Arzt nicht in Anspruch genommen wird."

Thomas Hoffmann-Schiller, Leiter des Awo-Bildungszentrums Hohegeest: Ich habe davon im Radio gehört und zunächst an einen schlechten Scherz gedacht. Keinem fällt der Arztbesuch leicht.

Lieselotte Bielefeldt, Kioskbesitzerin: Viele, die krank sind und Hilfe nötig haben, würden nicht mehr zum Arzt gehen. Ich persönlich würde auch nur noch vierteljährlich die große Untersuchung machen lassen.

Klaus Meno Schönrok, Weinhändler: Der Vorschlag ist bedenklich, weil Kranke Arztbesuche vermeiden und Krankheiten verschleppen würden. Es geht doch keiner aus Jux und Dollerei zum Arzt.

Renate Thiedemann, Vorsitzende des Sozialausschusses: Der Plan ist Schwachsinn und eine Katastrophe für die vielen Menschen, die sich schon heute die Quartalsgebühr kaum noch leisten können.

Jan Eschke, Leiter Energie- und Umweltmanagement bei Worlée: Im Prinzip richtig. Effizienter wäre es aber, wenn Krankenkassen bei Nichtinanspruchnahme des Arztes Rückzahlungen leisten würden.