Lauenburg. Angesichts von immer knapper werdenden Budgets fürchten auch Lauenburger Ärzte um ihre Existenz, erwägen immer öfter die Aufgabe oder den Verkauf ihrer Praxen.

Der drohende Verlust von ärztlichen Leistungen hat jetzt auch Bürgermeister Harald Heuer auf den Plan gerufen, der eine Verschlechterung der Infrastruktur befürchtet.

"Das mir nach der letzten Änderung des Verteilungsschlüssels zugestandene Budget für das erste Quartal 2009 war bereits Mitte Februar verbraucht", erzählt Dr. Ralph Wagner, Facharzt für Chirurgie, der unter anderem zusammen mit Dr. Holger Matthiesen im Ärztehaus in der Grünstraße praktiziert. Etwa 28 Euro erhält er pro Patient als Pauschale im Quartal, unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit.

"Im vergangenen Jahr hieß es, dass den Ärzten in 2009 insgesamt 2,8 Milliarden Euro an Honoraren zur Verfügung stünden", so Wagner und Matthiesen. Das Budget für dieses Jahr sah dann Kürzungen von insgesamt 30 Prozent vor. Nach massiven Protesten der Mediziner wurde die Kürzung auf 7,5 Prozent reduziert, allerdings nur für das erste Halbjahr. Was ab Juli passiert ist noch unklar. "Es kann nicht angehen, dass Chirurgen wie Dr. Wagner mit die höchsten Einbußen haben, gleichzeitig aber den höchsten Einsatz an technischen Hilfsmitteln bereit zu halten haben", sagt Heuer. Der Selbstkostenpreis für eine Röntgenaufnahme in der Praxis von Dr. Wagner beträgt gut 15 Euro, die Kassenärztliche Vereinigung bewilligt aber pro Patient nur etwa fünf Euro als Pauschale fürs Röntgen. "Ich kann doch nicht Patienten mit Unfallverletzungen erst einmal in eine radiologische Praxis schicken, weil dort jede Aufnahme abgerechnet werden kann", beschreibt Wagner das Dilemma.

Mögliche Kosteneinsparungen haben die Mediziner durch das Zusammengehen in der Grünstraße weitestgehend realisiert. Vier Ärzte praktizieren dort, unterstützt von zehn Arzthelferinnen.

Wagner und Matthiesen vermuten hinter der Honorarpolitik Absicht, Methode und ein klares Ziel: "Die flächendeckende ärztliche Versorgung soll zu Gunsten Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) aufgegeben werden. Schon jetzt zögen Medizinkonzerne wie Asklepios über die Lande und kauften Praxen auf, um sie dann zu MVZ zusammenzulegen. Mit der Folge, dass die MVZ nur noch an wenigen Standorten vertreten seien, in kleinen Städten und auf dem flachen Land gebe es dann keine fachärztliche Versorgung mehr. Allein bei den Chirurgen befürchtet Wagner bis Ende des Jahres einen Rückgang der Praxen um bis zu 40 Prozent. Hinzu komme, dass schon heute kaum noch Nachwuchs zu bekommen sei, der eine Ausbildung absolvieren wolle, die samt Studium zwölf Jahre dauere.

Die Einschätzungen der Ärzte werden von der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) inhaltlich geteilt. Durch die seit Januar geltende Honorarordnung können besonders die Fachärzte oft nicht mehr kostendeckend arbeiten, so Sprecher Marco Dethlefsen zu unserer Zeitung. Die Gefahr, dass durch die finanzielle Auszehrung besonders der Facharztpraxen die Versorgung in Kleinstädten mittelfristig gefährdet ist, wird von der KVSH geteilt.

Anders als die bundesweite Kassenärztliche Vereinigung (KV) setzt sich die KVSH dafür ein, das bisherige Vergütungssystem ärztlicher Leistungen abzuschaffen. Sie fordert, schrittweise zu einem neuen System überzugehen, "in dem ärztliche Leistung angemessen und vollständig bezahlt wird".

Bürgermeister Heuer hat "die ernste Befürchtung, dass wir in Lauenburg keine fachärztliche Versorgung mehr haben, wenn die Entwicklung so weitergeht". Er ruft dazu auf, "von unten" Druck auf die Politik aufzubauen, damit diese sich mehr der drohenden Unterversorgung des ländlichen Raumes annehme. Heuer: "Kurz vor der Bundestagswahl ist dafür ein guter Zeitpunkt."