Lauenburg. Dennis Wirz checkt an einem der sechs Computerarbeitsplätze in der Bücherei, wie hoch seine Punktzahl auf dem Literatur-Onlineportal “Antolin“ ist. “Ich muss Fragen zu verschiedenen Kinderbüchern beantworten und bekomme dafür Punkte.

In meiner Klasse bin ich der Beste", erzählt der Zehnjährige stolz. Das "Lesefutter" bekommt er in der Bücherei und Bibliotheksleiter Thomas Patzner weiß genau, welche Bücher der Viertklässler als nächstes lesen sollte, um in der Liga der "Antolin-Punktejäger" ganz oben mitzuspielen.

Dass der Bibliotheks-Chef die meisten seiner Leser beim Namen kennt, ist erstaunlich, denn immerhin gehört die Bücherei bundesweit zu den Einrichtungen mit den meisten Entleihungen bezogen auf die Einwohnerzahl der Stadt. 14 Bücher hat jeder Lauenburger durchschnittlich im vergangenen Jahr im Weingarten entliehen und die Tendenz ist steigend. Der Bundesdurchschnitt liegt übrigens bei einem Buch pro Einwohner im Jahr. 2070 Lauenburger waren im vergangenen Jahr Nutzer der Bücherei. Lauenburg ist also offensichtlich eine Lese-Stadt.

"Der Trend zu neuen Medien macht uns keine Angst. Bibliotheken müssen sich auf diese Situation aber einstellen", weiß der 42-jährige Bibliothekar, der außerdem gelernter IT-Spezialist ist. "E-Mails sind schon fast out. In der Bibliothek der Zukunft wird 'gechattet' und 'getwittert'", prophezeit er. In den vergangenen Jahren hätten sich die meisten Bibliotheken in Deutschland vom "verstaubten" Image altmodischer Bücherhallen getrennt, in denen möglichst nur geflüstert werden darf.

In der Bücherei im Weingarten geht es fröhlich und nicht immer ganz leise zu. "Das kann manchmal auch ein Problem sein, denn den früher typischen Lesesaal haben wir hier nicht", erzählt Patzner. Stattdessen treffen sich Schulkinder nach dem Unterricht in den gemütlichen Sitzecken zwischen den Regalen, blättern in Büchern oder tauschen sich einfach nur über Neuigkeiten in der Klasse aus.

Thomas Patzner und seine vier Mitarbeiterinnen schaffen es meist, die Kinder für das eine oder andere Buch zu begeistern, das sie schließlich mit nach Hause nehmen. "Wir wollen uns der Herausforderung neuer Medien stellen, aber auch die Freude am Lesen vermitteln." Das gelingt offensichtlich, denn täglich gehen etwa 800 Bücher über die Ausleihtheke.

Thomas Patzner verfolgt die aktuelle finanzielle Situation der Stadt mit besonderer Aufmerksamkeit. "Wir sind eine kommunale Einrichtung und daher auf finanzielle Mittel aus dem Stadthaushalt angewiesen." Im vergangenen Jahr standen der Einrichtung 35 000 Euro für Anschaffungen zur Verfügung, davon flossen 60 Prozent aus der Stadtkasse. Was ihn trotzdem relativ ruhig schlafen lässt: "Wir haben in der Verwaltung gute Partner gefunden, die die Bedeutung unserer Einrichtung nicht in Frage stellen."

Außerdem: Als erstes Land erwägt Schleswig-Holstein die Schaffung eines Bibliotheksgesetzes, das die finanzielle Absicherung der Bibliotheken weitmöglich garantieren soll.

Thomas Patzner weiß, dass sich seine Bücherei auf den Lorbeeren der erfolgreichen Arbeit nicht ausruhen darf. "Wir werden künftig noch enger mit den Schulen zusammenarbeiten. Jedes Kind, das begeistert liest, sichert sich damit einen guten Start ins Leben", ist er überzeugt.

Dennis Wirz und seine Freunde aus der vierten Klasse hat das Lesefieber auf jeden Fall gepackt: "Lesen ist cool und auf der 'Antolin'-Internetseite gibt es so viele tolle Buchempfehlungen. Aber niemand kann sich die Bücher alle kaufen, darum ist es klasse, dass es die Stadtbücherei direkt an unserer Schule gibt."

www.antolin.de