Geesthacht. Die Grünhoferin liest Kindern in der Stadtbücherei Geesthacht vor. Warum das so wichtig ist und was ihre Lieblings-Kinderbücher sind.

Einmal im Jahr bekommt Erika Rath immer einen großen Stapel neuer Kinderbücher von der StadtbüchereiGeesthacht. „Die lese ich auch alle durch“, betont die Grünhoferin. Denn bevor die Lesefreu(n)de für Kinder in die neue Saison starten, gilt es die passende Lektüre auszuwählen. Aus inzwischen 16 Vorleserinnen und einem Vorleser besteht die Gruppe, nachdem sich auf einen Aufruf unserer Zeitung im vergangenen Herbst vier Frauen gemeldet hatten. Erika Rath ist seit Anfang an dabei und damit Vorleserin der ersten Stunde.

Darf man sie deshalb „Vorlese-Tante“ nennen? „Ja“, betont die Rentnerin mit strahlenden Augen. „Ich finde das total toll. Auch wenn mich Kinder in der Stadt erkennen und ihrer Mutter sagen: ,Das ist Frau Rath, die liest mir immer vor’. Ob ich für sie Tante oder Oma bin, ist mir ganz egal“, sagt Rath.

Vorleserin Erika Rath hat selbst drei Kinder, Enkel und Ur-Enkel

Angefangen hat alles 2005 am bundesweiten Vorlesetag, der immer am 18. November eines Jahres ist. Damals startete die Geesthachter Stadtbücherei einen Aufruf, bei dem Vorlesepaten gesucht wurden. „Ich komme aus einer Familie von Viellesern, war nicht mehr berufstätig, hatte also Zeit und bei drei Kindern und sechs Enkeln auch etwas Übung“, sagt Erika Rath, die inzwischen sogar Ur-Oma ist.

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    Im März 2006 – also vor fast 17 Jahren – ging es los. Zweimal im Monat, immer jeden ersten und dritten Dienstag von 16 bis 16.45 Uhr, werden Kindern altersgerechte Geschichten vorgelesen. Das Angebot richtet sich an Mädchen und Jungen ab etwa fünf Jahren bis zum zweiten Schuljahr. Treffpunkt ist der Mehrzweckraum im Obergeschoss (Rathausstraße 58). „Die Kinder müssen alleine zuhören können. Die Eltern bleiben nämlich draußen“, sagt Verena Timpe von der Stadtbücherei Geesthacht, die von Amelie Kroll geleitet wird.

    Kindern können sich besser konzentrieren, wenn sie unterschiedliche Stimmen hören

    Weil nicht jedes Kind eine Dreiviertelstunde durchhält, sind die Vorleser stets zu zweit. „Einer muss immer beruhigen“, muss Erika Rath schmunzeln. „Einige sind zwar konzentriert bei der Sache, aber manchmal sind auch ganz schöne Zappelphilippe dabei.“ Zudem falle es Kindern leichter, sich zu konzentrieren, wenn sie beim Vorlesen unterschiedliche Stimmen hören.

    Doch was gefällt ihr so sehr am Vorlesen, dass sie so lange am Ball geblieben ist? „Kinder werden von außen von so vielen Eindrücken beeinflusst. Beim Vorlesen ist dagegen nur das eigene Kopfkino an und jedes Kind erlebt eine Geschichte völlig anders“, sagt Erika Rath, die auch schon in Kindergärten vorgelesen hat.

    Außenansicht der Stadtbücherei Geesthacht.
    Außenansicht der Stadtbücherei Geesthacht. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

    das sind die Lieblings-Kinderbücher der Vorleserin

    Das sei noch mal ein anderes Klientel. „In die Bücherei kommen Kinder, deren Eltern meist auch lesen. In der Kita sind viele, die kennen das von zu Hause gar nicht“, sagt Erika Rath. Sie würde sich wünschen, dass mehr Eltern ihrem Nachwuchs etwas vorlesen. Denn Vorlesen sei wichtig für die frühkindliche kognitive und soziale Entwicklung. Rath: „Ich bin immer erschüttert, wenn Kinder in der vierten Klassen nicht richtig lesen und schreiben können.“

    Ihre Lieblingsgeschichte ist übrigens „Mama Muh baut ein Baumhaus“ von Sven Nordquist, der über eine ganz besondere Kuh schreibt, die auf Bäume klettert oder über Bretter balanciert. „Auch ,An der Arche um Acht’ von Ulrich Hub ist gut. Die besten Geschichten sind die, die eine schöne Sprache haben“, sagt die Vorleserin.

    Kinder aus der Anfangszeit der Lesefreu(n)de studieren bereits

    Und dennoch ist es für sie jedes Mal aufs Neue spannend, welche Kinder diesmal vorbeischauen werden, ob es mehr Jungs oder Mädchen sind und ob die ausgewählte Geschichte auch ankommt. „Manche Kinder kommen nur eine Saison lang, einige halten auch länger durch“, hat Erika Rath beobachtet. Die Kinder aus der Anfangszeit der Lesefreu(n)de für Kinder sind derweil schon am Studieren.

    „Wenn sich von diesen noch einmal jemand melden würden, das würde mich persönlich freuen“, sagt die dienstälteste Vorleserin der Stadt. So lange es ihr noch gut geht, will sie weiterlesen. Vor den Sommerferien ist sie noch zwei Mal an der Reihe, im April und im Juni. Das nächste Termin ist am Dienstag, 7. Februar.