Geesthacht/Schwarzenbek. Wenn die Psychiatrie im Johanniter-Krankenhaus nicht aufnehmen kann, müssen Betroffene weite Wege in Kauf nehmen.

Psychiatrie-Stationen sind in Flächenkreisen wie dem Herzogtum Lauenburg dünn gesät. Wenn dann, wie in Geesthacht, ein Krankenhaus die Aufnahme verweigert, heißt das für Betroffene und Angehörige im Zweifelsfall, weite Strecken zurücklegen zu müssen.

Menschen, die nach Vorfällen und massiven Auffälligkeiten jüngst zwangsweise eingewiesen werden sollten, sind aus dem Südkreis nicht etwa ins nur wenige Kilometer entfernte Bethesda Krankenhaus nach Bergedorf gebracht worden – sondern in die Uni-Klinik nach Lübeck.

Wegen Corona: Psychiatrie im Johanniter-Krankenhaus überlastet

Vergangenes Wochenende wurden gleich mehrere Personen nach Zwischenfällen aus Schwarzenbek beziehungsweise Geesthacht durch einen Amtsarzt in die Psychiatrie eingewiesen. Doch das Krankenhaus Geesthacht verweigerte die Aufnahme. Was die dortige Psychiatrie nur im Ausnahmefall darf. Auf der 20 Betten-Station war ein gutes halbes Dutzend Menschen an Corona erkrankt. Der Ausbruch stellte das Pflegepersonal angesichts der Klientel vor besondere Aufgaben.

„Corona macht leider auch vor den Türen der Psychiatrie nicht halt. Wir sind inzwischen aber wieder aufnahmefähig“, bestätigte gestern auf Nachfrage Frank Germeroth, Geschäftsführer des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht.

Die Geesthachter Psychiatrie nimmt jetzt wieder Patienten auf

Im Frühjahr hatte eine Kommunikationspanne dazu geführt, dass die Schwiegertochter eines an Demenz erkrankten Seniors nicht informiert wurde, dass der Mittachtziger in die Psychiatrie einer weiter entfernten Spezialklinik gebracht worden war. Die Witwe seines verstorbenen Sohnes fahndete zunächst in näher gelegenen Krankenhäusern mit psychiatrischen oder Demenz-Abteilungen im Speckgürtel und im benachbarten Hamburg, bis sie erfuhr, dass der Mann in den Norden des Landes verlegt worden war. Ohne Rücksprache mit ihr: „Dabei bin ich die einzige Angehörige, die sich um meinen alleinstehenden Schwiegervater regelmäßig kümmert.“

Komplex wird die Situation, wenn ein Arzt die Einweisung einer Person in eine Psychiatrie verfügt. „Für den Fall gilt Landesrecht“, erläutert Kai Lichte, Koordinator der Integrierten Rettungsleitstelle in Bad Oldesloe. Von der Stormarner Kreisstadt werden die Rettungseinsätze für drei Kreise gesteuert – außer für Stormarn auch für Ostholstein und den Kreis Herzogtum Lauenburg.

Einweisungen in Psychiatrie müssen im eigenen Bundesland erfolgen

Das PsychHG (Gesetz zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen) regele die Modalitäten einer Einweisung, so Lichte: „Die bedeutet immer auch einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen. Das Gesetz regelt, dass diese Menschen zunächst im Bundesland untergebracht werden.“

Für Patienten bedeute dies, dass sie, wenn etwa das Johanniter-Krankenhaus sich abgemeldet hat, in andere Krankenhäuser auch außerhalb der Region transportiert werden. „In Stormarn sind dies das Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus in Bargfeld-Stegen oder eben die Universitätsklinik in Lübeck“, erläutert Lichte. Welches Krankenhaus jeweils angefahren werde, entscheide in der Regel der einweisende Arzt.

Psychiatrie-Ausbau in Geesthacht steht aktuell nicht auf der Agenda

Obwohl die Zahl psychischer Erkrankungen steigt, gehen die Verantwortlichen des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht davon aus, dass eine zeitweilig geforderte Aufstockung der 20 stationären auf 30 Plätze nicht notwendig wird. „Die Idee ist, die Therapie dichter an die Patienten zu bringen“, erläutert Frank Germeroth. Für diesen Zweck unterhalten die Johanniter Tageskliniken in Mölln, Schwarzenbek und auch in Geesthacht. Dazu kommen Sprechstunden, die vor Ort in Lauenburg und Ratzeburg angeboten werden.