Sturmschäden: Experte warnt vor Raubbau - Einschlag soll weiter wachsen

Während die Förster von kommunalen und Landesforsten auch angesichts jüngster massiver Sturmschäden offiziell Entwarnung geben, melden sich immer mehr Kritiker zu Wort. Naturfreunde und Waldliebhaber beklagen die Viehzahl umgeknickter Bäume und vermuten einen Zusammenhang zu explodieren Preisen und stark gestiegenem Holzeinschlag. Experten wie Norbert Panek sehen den Wald tatsächlich immer stärker vom Takt computergesteuerter Holzerntemaschinen bestimmt. "Deutschlands wichtigste ökologische Ressource wird zunehmend zu einer grün kaschierten Holzfabrik degradiert", warnt der ehemalige Gutachter für das Bundesamt für Naturschutz, die Umweltorganisation Greenpeace und Mitbegründer der Internetplattform www.wald-kaputt.de.

"Der Holzeinschlag hat sich bundesweit binnen zehn Jahren mehr als verdoppelt", erläutert Panek. Wenn der Wald immer intensiver durchforstet werde, fallen von den verbleibenden, nun relativ frei stehende Bäume immer mehr Stürmen zum Opfer. "Am häufigsten fallen Fichten", bestätigt der Experte. Mit ihren schwachen Wurzeln wurden sie häufig auf wenig geeignete Standorte gepflanzt.

Kritisch sehen Panke und Mitstreiter, dass das Bundesumweltministerium den Holzeinschlag in Deutschland bis 2020 auf 100 Millionen Festmeter steigern will, um die energiepolitischen Ziele umzusetzen. Künftig soll noch mehr Holz verbrannt werden, um den Anteil der "Erneuerbaren Energien" in Deutschland bis 2020 deutlich zu erhöhen.

Dass bereits ein Drittel der Holzerträge in Deutschland verheizt wird, bestätigt Hans-Albrecht Hewicker, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Die Bedrohung des Waldes sieht der ehemalige Förster jedoch vor allem in der Klimaveränderung. Dass die durch die Nachkriegszeit ehemals kahlgeschlagenen Wälder nach der Aufforstung in den 50er-Jahren jetzt "in das Alter kommen, in dem sie Geld bringen", sei ein natürlicher Prozess, der sich positiv auf die Bestände auswirke: "Je mehr Nutzen der Wald bringt, desto höher wird das Interesse sein, ihn zu schützen." Durch freiwillige Zertifizierungen und Waldinventuren unterlägen Waldbesitzer regelmäßigen Kontrollen.

Norbert Weiß, Forstplaner bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, bewirtschaftet ein Drittel des Waldes (150 000 Hektar, etwa 11 Prozent der Fläche) im nördlichsten Bundesland. Er sieht die Entwicklung positiv, besonders den Ertrag: "Der Schleswig- Holsteinische Wald war in den letzten Jahrhunderten nicht so vorratsreich wie heute." Der Vorrat in den Landesforsten soll im nächsten Jahrzehnt weiter ansteigen, da mit 75 Prozent weniger genutzt werden soll, als jährlich zuwachsen wird. Nach Empfehlung führender Forstwissenschaftler stabilisiert eine regelmäßige moderate Durchforstung die Wälder, lasse Einzelbäume bessere Wurzeln und stabilere Kronen ausbilden.

Die Vielzahl der jüngst vom Sturm "Niklas" umgebrochenen Bäume werden dies nicht mehr schaffen. Mit ihnen schlagen sich derzeit Förster und Waldarbeiter herum, so auch in den lauenburgischen Kreisforsten.