Chronologie: Ermittlungen der Polizei führen nach Brand in Flüchtlingsunterkunft schnell zum Erfolg

Der fremdenfeindliche Brandanschlag auf die geplante Flüchtlingsunterkunft in Escheburg und die anschließende Diskussion mit Mahnwache und rundem Tisch zeigt, wie sehr die Unterbringung von Asylbewerbern die Menschen beschäftigt. In Escheburg waren keine Rechtsradikalen am Werk - es war nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft der direkte Nachbar, der den Brandsatz warf. Eine Stunde zuvor hatte er noch versucht, das Projekt durch Gespräche zu verhindern. Wir zeichnen die Chronologie der Ereignisse noch einmal genau nach.

Die Immobilie Am Golfplatz 3c mit 250 Quadratmetern Wohnfläche und zehn Zimmern stand lange zum Verkauf. Am 22. Januar kaufte das Amt Hohe Elbgeest das Holzhaus für rund 360 000 Euro. Das Haus bietet Platz für zwölf Bewohner. Am 4. Februar sehen der vorgestern Festgenommene und sein Nachbar, wie im Holzhaus nebenan Handwerker neue Betten aufbauen. Sie fragen, was denn in dem Haus geplant sei und erfahren, dass dort Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Am 5. Februar besucht etwa ein Dutzend aufgebrachte Bewohner der Siedlung Bürgermeister Rainer Bork in dessen Sprechstunde. Sie wollen verhindern, dass das Haus als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Ohne Erfolg, denn das Amt ist zuständig.

Am 9. Februar kommen etwa 15 Escheburger in das Büro der Leitenden Verwaltungsbeamtin, Brigitte Mirow, in Dassendorf. "Die wussten gar nicht, wer ich bin, vermutlich haben sie mich verwechselt", berichtete Mirow später. Wahrscheinlich wollten die Gäste zu Amtsvorsteherin Martina Falkenberg. Doch Brigitte Mirow versucht, mit den aufgebrachten Bürgern ins Gespräch zu kommen, scheitert aber am massiven Widerstand. Zeitgleich ist die Polizei in Escheburg vor Ort, um eine Anzeige wegen Sachbeschädigung aufzunehmen. Wohl in der Nacht von Sonntag auf Montag war eine Fensterscheibe des Hauses eingeworfen worden. Arbeiter riefen gegen 11.15 Uhr die Polizei, bis gegen 12.30 Uhr war eine Streife am Einsatzort. Zu der Zeit kehren auch die Escheburger, die ein Nachbar als "frustriert" beschrieb, aus Dassendorf heim.

Gegen 13 Uhr fliegt dann ein Kanister mit leicht entzündlicher Verdünnung, der mit brennenden Stoffstreifen präpariert ist, durch das Loch in der Fensterscheibe. Doch die Verdünnung zündet nicht richtig durch, weil sie aus dem Kanister nicht komplett auslaufen kann. Als die Arbeiter nach ihrer Mittagspause zurückkehren, stellen sie die Rauchentwicklung in dem Holzhaus fest. Um 13.18 Uhr wird die Feuerwehr alarmiert. Um 13.35 Uhr öffnet der erste Löschtrupp die Haustür, um den Brand zu löschen. Die Feuerwehrmänner entdecken den Kanister und werfen ihn auf die Terrasse. Schnell ist klar, dass es sich um einen gezielten Anschlag auf das Flüchtlingsheim, in das am 10. Februar sechs Iraker einziehen sollten, handelt. Die Staatsschutzabteilung der Lübecker Kriminalpolizei übernimmt die Ermittlungen am Tatort. Die Verwaltungsspitze lädt wegen des großen Medieninteresses erstmals in der Geschichte des Amtes zu einer Pressekonferenz ein.

In den Folgetagen geht die Polizei bei den Nachbarn ein und aus. Schnell ergibt sich ein vager Verdacht gegen den Nachbarn. Am 13. Februar wird sein Holzhaus durchsucht, er präsentiert zunächst allerdings ein Alibi. Die Staatsanwaltschaft setzt eine Belohnung in Höhe von 10 000 Euro aus. Bei der kriminaltechnischen Untersuchung eines Zündholzes und der Verschlusskappe des sichergestellten Kanisters finden Polizisten die DNA des Mannes. Am 15. Februar versammeln sich 100 linke und linksautonome Demonstranten, um gegen den Fremdenhass in Escheburg zu demonstrieren. Am 16. Februar kommt auch Ministerpräsident Torsten Albig zu einer Mahnwache, an der 350 Menschen teilnehmen.

Am 19. Februar nehmen die Ermittler den Tatverdächtigen fest. "Wir müssen zusehen, dass wir mit den Menschen ins Gespräch kommen, um ihnen ihre Ängste zu nehmen", sagt Bürgermeister Bork.