Denkmalpfleger begeistert von der Architektur.

Als Hubertus Rösel (1914-2006) im Jahre 1951 in Geesthacht den Grundstein für seine "Norddeutsche Teppichfabrik" legte, achtete er akribisch darauf, wie das, was er bauen ließ, auf Arbeiter und Besucher wirken würde. Schließlich gewann er in den 50er-Jahren mit der Realisierung seiner Fabrik die Silberplakette des Wettbewerbs "Industrie in der Landschaft" des Bundesministers für Städtebau. Die Skulptur ziert noch heute, allerdings trostlos auf einer verwilderten Wiese, die Zufahrt zum Werksgelände an der Düneberger Straße. Das Kunstwerk bildet gemeinsam mit dem Pförtnerhaus und dem Schriftzug "Norddeutsche Teppichfabrik", der sich auf 20 Metern Länge auf einer Mauer an der Zufahrt entlangzieht, ein Kleinod für eine besondere Epoche der Industriegeschichte - nicht nur der in Geesthacht.

"Das Pförtnerhaus an sich ist gar nicht so interessant. Aber wie die Eingangssituation hier inszeniert wurde, das ist schon eine Besonderheit", erklärt Bastian Müller. Der Kunsthistoriker ist der "Geesthacht-Beauftragte" des Landesamts für Denkmalpflege. Im Rahmen des 2014 initiierten Projekts "Revision und Schnellerfassung" für das neue Denkmalschutzgesetz hatte er Geesthacht "intensiv bereist", wie er sagt. Müller: "Ich war überrascht, was Geesthacht zu bieten hat. In der Vergangenheit waren wir nie so intensiv hier." Der Kunsthistoriker informierte sich vor Ort, recherchierte in Hamburg über den von Rösel beauftragten Architekten Heinz Graf. "Das, was Herr Graf hier entworfen hat, zeugt vom hohen Anspruch des Auftraggebers an die Gestaltung. Die Dinge hätte Herr Rösel auch einfacher bekommen können", erklärt Müller.

Doch Rösel setzte beim Aufbau seiner Fabrik auf Details. So ließ er an die Hallen aus dem Jahr 1914, die früher die Düneberger Pulverfabrik genutzt hatte, moderne Sheddachhallen anbauen. Müller: "Das war damals hohe Ingenieurskunst." Das Kesselhaus ließ der Unternehmen an der Fassade verglasen, um den Menschen einen Einblick in die installierte Technik zu bieten. In der Kantine bestimmen noch heute gestalterische Elemente aus den 60er-Jahren, wie Holzvertäfelungen oder Leuchten, das Ambiente. "Mit der Deckenlaterne hat der Bau fast etwas Sakrales", so Müller.

"Geesthacht ist eine sehr junge Stadt, hat die Stadtrechte erst 1924 bekommen, und die Geschichte ist eng verknüpft mit den Fabriken zur Sprengstoff- und Pulverproduktion", berichtet Müller. "Der Beiname 'Pulverkammer Deutschlands' kam nicht von ungefähr, wie man heute noch an einigen erhaltenen Gebäuden spüren kann", sagt der Kunsthistoriker. Er stuft auch die Arbeiterhäuser an der Haferkoppel und am Kronsberg als interessant ein, ebenso die Krümmeler Schule. Selbst über das Kernkraftwerk Krümmel habe man nachgedacht, so Müller. Aber eine Unterschutzstellung könne man wohl nur schwer vermitteln. Und das Infozentrum, das wegen seiner gesellschaftlichen Funktion Charme gehabt hätte, sei nicht speziell genug, so Müller. Auch auf die Gebäude im Edmundsthal, die zur Lungenheilanstalt gehörten, hat Müller ein Auge geworfen. "Da muss unbedingt an den Gebäuden, die nicht in aktueller Nutzung sind, etwas passieren, um sie zu erhalten", sagt er.

Während eines Treffens in der Stadtverwaltung hat das Landesamt die ausgesuchten Gebäude vorgestellt. "Wenn Gebäude unter Schutz gestellt werden, wird ja oft befürchtet, dass Entwicklungen behindert werden. Deshalb ist es wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen", erklärt Astrid Hansen, Inventarisatorin des Landesamts.