Otto-Hahn-Gymnasium schickt seine Schüler auf Wanderschaft

Meine Schule, mein Klassenzimmer, meine Schulbank - dieses Credo, das zahlreiche Schülergenerationen begleitet hat, gilt am Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) nicht mehr. Seit Anfang dieses Schuljahrs erprobt die Europaschule das sogenannte Kabinettsystem. Hier wechseln nicht mehr die Lehrer die Schulräume, jetzt Kabinett genannt, sondern die Schüler ziehen in den Pausen um. Das Ziel: die Unterrichtsqualität soll verbessert werden. Nach einem halben Jahr ziehen Schulleitung, Schüler und Lehrerkollegium eine erste, positive Zwischenbilanz.

"Wir können den Schülern jetzt in den Kabinetten eine dem Unterrichtsfach zugeschnittene Lernumgebung bieten", sagt Französisch- und Englischlehrer Michael Francke. Wie das aussehen kann, sieht man im Raum 12/11. Hier steht jetzt der Schreibtisch von Katharina Schlichtherle. Die Englisch- und Geschichtslehrerin hat sich nicht nur ihr Pult individuell mit Kanadaflagge und englischen Sprüchen dekoriert, in ihrem Kabinett gibt es auch eine kleine Leseecke mit englischsprachigen Zeitungen und Büchern.

Ein weiterer Vorteil: die Technik stimmt. "Man muss jetzt nicht immer alles auf- und abbauen", sagt Bettina Andersen (Musik und Deutsch). Kein langes Suchen nach dem richtigen Kabel oder der Fernbedienung mehr. Auch Fachbücher wie Lexika bleiben jetzt als Tischexemplare einfach im Raum.

"Für uns Schüler hat sich nicht so viel geändert, weil wir vorher auch immer für Biologie oder Musik in die entsprechenden Fachräume umziehen mussten", sagt Schülersprecher Billy Bollweg (19). Wie in amerikanischen Schulen, wo dieses Konzept schon seit Jahren angewendet wird, gibt es nun für jeden Schüler ein Schließfach auf dem Schulgang. Doch nicht jeder Gymnasiast nutzt diese.

Eine weitere Umstellung: Die Flure werden in den großen Pausen zum Aufenthaltsraum, um den Zugang zu den Spinden zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass durch die Kabinettlösung die vorherige Gebäudeaufteilung nach Unter-, Mittel- und Oberstufentrakt aufgelöst wurde Dafür entstanden in den Gängen kleine Gruppenarbeitsplätze, zwei neue Aufenthaltsräume mit Billardtisch und Tischkicker werden gerade hergerichtet.

Sollte sich das Konzept bewähren, werden wohl andere Schulen dieses Übernehmen. "Bisher gibt es das Kabinettsystem nur an drei Schulen in Schleswig-Holstein", so Francke. Das Möllner Gymnasium hat seinen Besuch bereits angekündigt, auch die Alfred-Nobel-Schule soll ihr Interesse bekundet haben.