Urteil stellt Finanzierung der Alltagshelfer infrage - Geesthacht drohen sechsstellige Zusatzkosten

Sie sorgen dafür, dass behinderte oder auffällige Kinder den stressigen Schulalltag meistern können. Insgesamt 99 Schulbegleiter stehen derzeit im Kreis Schülern den ganzen Tag über zur Seite, ermöglichen deren geregelten Schulbesuch. Die Begleiter sind für die Kinder da, die sich in der Klasse schlecht konzentrieren, den Alltag nicht koordinieren können oder körperliche Hilfe benötigen. Das System hat sich bewährt - doch ein Urteil des Landessozialgerichts stellt jetzt die Finanzierung infrage und könnte für Städte wie Geesthacht teure Folgen haben.

Bislang prüft der Kreis die Anträge auf Schulbegleitung - und übernimmt die Kosten. Im Streit um die Begleitungskosten eines behinderten Kindes aus dem Raum Flensburg urteilten die Richter, dass diese Leistungen nicht zu Lasten der Sozialkassen gehen dürfen - und spielt den Ball damit den Schulträgern zu. "Die bestehenden Bewilligungsbescheide betrifft das nicht, aber für das kommende Schuljahr müssen wir das Urteil berücksichtigen", sagt Karsten Steffen, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg. Demnach würde vermutlich nur noch ein kleiner Teil der Anträge genehmigt. Bislang kosteten die Begleiter im Kreis rund 1,5 Millionen Euro im Jahr. "Die Gemengelage ist komplex, wir brauchen jetzt eine Klärung. Der Ball liegt beim Land", so Karsten Steffen.

Dort werde das Urteil geprüft, bestätigt Thomas Schunck, Sprecher des Bildungsministeriums. "Aber auch unabhängig von dem Urteil gibt es einen glasklaren Klärungsbedarf, wer die Kosten für die Inklusion übernimmt", sagt Schunck. Das solle bis zum Frühsommer in einem neuen Gesamtkonzept des Ministeriums geregelt sein. Dann könnten auch die Schulträger vermehrt zur Kasse gebeten werden - denn das aktuelle Urteil sieht die Schulbegleitung im Verantwortungsbereich der Schule. Für eine Stadt wie Geesthacht könnten das bei sieben Schulen schnell zusätzliche Kosten von mehreren Hunderttausend Euro bedeuten - bei der Stadt war das Urteil bislang nicht bekannt, man wolle die Situation jetzt prüfen, hieß es gestern aus dem Rathaus.

Egal ob Land oder Schulträger am Ende die Kosten tragen: Sven Minge, Kreis-Geschäftsführer des Arbeiter Samariter Bundes in Geesthacht, sieht in der Diskussion eine Katastrophe - sein Verband stellt derzeit allein im Südkreis 13 Schulbegleiter: "Der Streit um die Finanzierung wird auf dem Rücken der Eltern und der Kinder ausgetragen", sagt Sven Minge. "Jetzt müssen die Anträge für die Schulbegleitung im kommenden Schuljahr gestellt werden, doch die Betroffenen werden allein gelassen. Für die Inklusion ist das ein Rückschritt."