Prozess: Hintermänner bleiben im Dunkeln - 19-Jähriger hat “große Angst“

Er war in freudiger Erwartung eines ordentlichen Geldsegens, doch dann klickten bei Grzegorz P. am 27. September für ihn wohl völlig überraschend Handschellen. Zusammen mit Komplizen wollte der 19-Jährige eine Seniorin (85) aus Geesthacht um ihr Erspartes bringen. Beinahe wäre dieser Fall von Enkeltrickbetrug gut gegangen. Doch eine aufmerksame Postmitarbeiterin, bei der die 85-Jährige das Geld abheben wollte, wurde stutzig und informierte die Polizei (wir berichteten). Gestern wurde Grzegorz P. vom Schwarzenbeker Jugendschöffengericht zu vier Wochen Arrest verurteilt. Mit seiner beinahe drei Monate dauernden Untersuchungshaft seit der Festnahme gilt die Strafe des 19-Jährigen als abgegolten. P. verließ das Gericht, das er mit Handschellen und in Begleitung von zwei Justizbeamten betreten hatte, als freier Mann.

Eine Einstellung des Verfahrens, wie sie Verteidiger Joachim Lauenburg, der eine Kanzlei an der vornehmen Hamburger Elbchaussee führt, gefordert hatte, wäre sicher das falsche Signal an alle anderen gewesen, die mit der Masche ebenfalls aktiv sind. So folgten Richter Suntke Aden und seine beiden Schöffen mit ihrem Urteil dann auch der Einschätzung der Staatsanwaltschaft. Deren Vertreterin sah es nach der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass Grzegorz P. nicht der von seinem Verteidiger dargestellte "dumme Bote" gewesen ist, sondern an entscheidender Stelle als Mittäter beteiligt war.

Am 25. September hatte sich bei der 85-Jährigen in Geesthacht ein Mann mit "Hallo, hier bin ich" am Telefon gemeldet. Die Seniorin glaubte, ihr Ziehsohn sei dran und sagte auch gleich "ach, Dirk, du bist es". Damit hatte der Anrufer eine Steilvorlage, er gab sich als Dirk aus und gab an, er benötige dringend Geld. Er werde einen Boten zur Gesamtschule schicken, der es für ihn in Empfang nehmen werde. Und sie solle bloß niemandem etwas sagen. Wenige Stunden später übergab die Seniorin 6000 Euro und eine goldene Armbanduhr an den Boten in Person von Grzegorz P. Zwei Tage später sollten noch einmal 50 000 Euro folgen. Doch da war die Polizei schon eingeschaltet. Die Beamten observierten die mit Spielgeld fingierte Geldübergabe und nahmen den 19-Jährigen fest.

Der junge Pole, der nur vier Jahre zur Schule gegangen ist, fünf Geschwister hat, daheim in Krakau seinen Eltern in deren Teppichhandlung hilft und dafür zehn bis 15 Euro Taschengeld pro Woche bekommt, schilderte dem Gericht, wie es zu seiner Tatbeteiligung gekommen war. Ein Mann, den er kennen würde, vor dem er aber "große Angst" habe, habe ihn in einem Club in Krakau angesprochen und ihm 800 Euro geboten. Dafür sollte er nach Hamburg reisen und per Handy Anweisungen entgegennehmen. Die führten ihn dann zweimal zur Geldabholung nach Geesthacht.