Psychiatrie Patient, der später seine Mutter tötete, hätte nicht entlassen werden dürfen

Schuldspruch gegen die Psychiaterin Luise L. wegen fahrlässiger Tötung: Die VII. Große Strafkammer des Lübecker Landgerichts verurteilte die Ärztin (54) des Geesthachter Johanniter-Krankenhauses gestern zu einer Geldstrafe von 18 000 Euro. Das Gericht unter Vorsitz von Helga von Lukowicz sah es als erwiesen an, dass die Medizinerin gegen die üblichen Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen hatte, als sie ihren Patienten Babak M. am 2. Januar gehen ließ, ohne ihn noch einmal zu begutachten. Drei Stunden später tötete er seine Mutter im Zustand der Schuldunfähigkeit. Innere Stimmen hatten ihm dies befohlen, deshalb war er Stunden zuvor in die Klinik in die Obhut der Bergedorfer Ärztin gekommen.

Das Gericht zog dafür Luise L. zur Verantwortung. Sie hatte den Mann nachts in der Psychiatrie des Johanniter-Krankenhauses aufgenommen und ihn morgens zu seiner Mutter gehen lassen. Ihr Argument: Es habe ja keinen Unterbringungsbeschluss gegeben, deshalb habe sie den Mann nicht gegen dessen Willen festhalten können.

"Der Patient hätte nicht ohne weitere Maßnahmen entlassen werden dürfen", sagte Helga von Lukowicz in der Urteilsbegründung. Drei Tage lang hatte die Kammer elf Zeugen und zwei Sachverständige gehört. "Wir wissen nicht, was in der Wohnung im einzelnen zwischen Mutter und Sohn stattgefunden hat, aber Auslöser dafür war die Erkrankung des Sohnes", sagte die Richterin. Und die hätte Luise L. schlichtweg unterschätzt.

"Möglicherweise war Frau L. mit den Gedanken nicht bei der Sache", sagte Helga von Lukowicz, das müsse man aber von einem Arzt - auch nachts - zu jeder Zeit erwarten können. Die Psychiaterin war, als sie Babak M. aus der Klinik entließ, bereits mehr als 20 Stunden im Dienst.

Vor allem die drei Verteidiger der Ärztin waren gestern Vormittag noch einmal engagiert aufgetreten. Für ihre harsche Kritik an Professor Dr. Hans-Ludwig Kröber, der Luise L. durch ein Gutachten über die Vorkommnisse in der Klinik stark belastet hatte, fingen sie sich einen Rüffel ein. Die sei "ehrkränkend", befand die Vorsitzende. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert, Staatsanwalt Dirk Hartmann und die Nebenklage forderten 22 Monate Haft auf Bewährung und 10 000 Euro Geldstrafe für die 54-Jährige.