Interview: Milchbauer Michael Ohle über Potenzial und Sorgen seiner Branche

Michael Ohle ist Landwirt "mindestens in vierter Generation". Weiter zurück habe er den Familienstammbaum noch nicht verfolgt. Sein Hof liegt an der Dorfstraße in Worth. Mit Redakteurin Kim Nadine Müller sprach er über den Milchpreis, das Format "Bauer sucht Frau" und die Situation von landwirtschaftlichen Familienbetrieben zwischen Tradition und Zukunftsfähigkeit.

bz/LL:

Herr Ohle, was haben Landwirte aktuell zu tun?

Michael Ohle:

Ich muss jeden Morgen und jeden Abend für etwa eine Stunde zum Melken in den Stall. Sonst sitze ich im Büro, muss Buchhaltung machen und zum Beispiel neue Kühe an-, andere abmelden.

Wie viele Kühe haben Sie?

63 Kühe, die ich jeden Tag melke. Neun stehen kurz vor dem Kalben, sie sind in einem extra Stall untergebracht. Ich bin zurzeit auf der Suche nach einem neuen Zuchtbullen. Der letzte wurde zu ruppig.

Welche Rasse?

Holstein-Friesian, Schwarz-bunt und ein paar Rotbunte.

Reicht die Anzahl, um konkurrenzfähig zu sein?

Ja. Viele sagen zwar, nur wer immer weiter wächst sei konkurrenzfähig, aber das stimmt nicht. Wenn ich mit 50 Kühen kein Geld verdiene, verdiene ich auch mit 100 keines. Trotzdem möchte ich im nächsten Jahr erweitern und einen neuen Stall bauen. Meiner wird langsam zu klein und ich habe jetzt alles andere auf Reihe gebracht, so dass ich in etwas Neues investieren kann. Wichtig ist, dass man Optimist und gleichzeitig Realist ist, sich Investitionen nicht schön rechnet und echtes Interesse hat, für das, was man tut.

Schaffen Sie das nach der Erweiterung denn noch allein?

Nein, ich habe jetzt schon einen Mitarbeiter auf Probe eingestellt. Ab etwa 80 Kühen braucht man Hilfe

Wie viel Milch gibt eine Kuh?

Bei mir im Schnitt 29 Liter pro Tag. Seit ich den Betrieb im Jahr 2000 von meinen Eltern übernommen habe, konnte ich die Produktion auf 600 000 Kilogramm erhöhen. Sobald die Milch in den Verkauf geht, wird in Kilogramm gerechnet.

Wie hat sich der Milchpreis entwickelt?

Vor fünf Jahren war der Milchpreis runter auf 20 Cent. Damals haben einige Bauern ihre Milch aus Protest weggekippt. Jetzt liegt der Preis bei 40 Cent pro Kilo. Da macht das melken wieder Spaß.

Trinken Sie nur ihre eigene Milch?

Ja. Pur, morgens in den Kaffee und im Sommer zur Grütze.

Wie schmeckt sie denn?

Rohmilch schmeckt grundsätzlich intensiver, als pasteurisierte Milch und tatsächlich bei jedem Milchbauern anders - je nach Futter und Haltung. Es gibt Milch, die schmeckt nach Stall. Aber mein Stall ist gut durchlüftet, die Tiere haben Weideauslauf und bekommen überwiegend selbst angebautes Futter. Die Milch schmeckt also ein bisschen nach frischer Luft und Wiese.

Haben Sie noch neben den Kühen noch ein weiteres Standbein?

Den Futteranbau, 16 Hektar Mais und 35 Hektar Grünland. Dazu kommt Ackerbau auf 35 Hektar mit Raps und Weizen. Und Kürbisse auf dreieinhalb Hektar. 115 Sorten Halloween-, Zier- und Esskürbisse, die wir direkt in der Scheune verkaufen. Der Verkauf lohnt sich für uns.

Wie viele Menschen ernährt Ihr Hof?

Drei Generationen: meine Oma, meine Eltern, mich und meinen Sohn (8), der zum Teil bei mir und seiner Mutter lebt.

Wie alt ist der Hof?

Ich weiß von wenigstens vier Generationen, wobei die Bauern immer andere Nachnamen hatten. Denn meistens kamen Mädchen zur Welt, die Männer heirateten ein.

Ist die Landwirtschaft auch was für Frauen?

Das wird mehr, denn viele Arbeiten sind heute mechanisiert. Mittlerweile studieren ja auch viele Frauen Agrarwirtschaft.

Muss man in unserer Region Angst haben vor dem oft beklagten Höfesterben?

Das wird es immer geben, wenn Kinder den Betrieb nicht übernehmen. Mittlerweile entscheiden sich aber auch viele junge Leute für grüne Berufe, die nicht vom Hof kommen und dennoch Agraringenieur werden wollen.

Wird ihr Sohn den Hof übernehmen?

Das würde mich freuen. Er interessiert sich sehr für die Tiere. Aber ich akzeptiere auch, wenn er kein Landwirt werden will.

Sind sich mit dem Jahr 2013 zufrieden?

Es war ein gutes Durchschnittsjahr. Dank der guten, sandigen Lehmböden in unserer Region haben wir trotz des trockenen Spätsommers eine gute Ernte gehabt. Und der Milchpreis ist so hoch, wie Jahre nicht.

Wohin verkaufen Sie Milch, Getreide und Kürbisse?

An die Genossenschaftliche Meierei in Gudow. Sie wird von dort weiterverkauft. Die Kürbisse verkaufen wir ausschließlich direkt. Das wirft mehr ab als der Ackerbau. Das Getreide geht an Landhändler. Ein Teil behalte ich für die Kühe.

Könnte man nicht auch das Fleisch direkt verkaufen?

Die Kühe bleiben im Schnitt 4 Jahre und neun Monate bei mir. Das Fleisch direkt zu verkaufen, wäre sehr aufwendig. Man müsste viel Geld und Zeit investieren.

Welche Hoffnungen und Ängste haben Sie, wenn Sie an die Zukunft denken?

Sorge macht mir die zunehmende Bürokratie. Hoffen tue ich, dass ich gesund bleibe. Das ist für die landwirtschaftliche Arbeit das A und O.

Sie leben im Moment allein, würden Sie bei der RTL-Doku "Bauer sucht Frau" mitmachen?

Nein, bestimmt nicht, das ist sehr viel Drehbuch, hat mit der Realität wenig zu tun. Wenn bei mir auf dem Hof Heu herumliegt, wird darin kein Sekt-Picknick gemacht. Es wird gepresst und trocken gelagert. Danach gibt es Sekt.

Vielen Dank für das freundliche Gespräch.