Kraftwerk: Heute vor 30 Jahre nahm Krümmel den Betrieb auf

So wirklich zum Feiern ist niemandem zumute - dabei begeht das Kernkraftwerk Krümmel einen runden Geburtstag: Heute vor 30 Jahren legten die Ingenieure den Schalter um und starteten die erste Kernspaltung. Die Anlage am Elbufer nahm am 14. September 1983 nach fast zehn Jahren Bauzeit offiziell ihren Betrieb auf. Ein halbes Jahr später lieferte das Kraftwerk erstmals Strom - doch die Geschichte des stärksten Siedewasserreaktors der Welt ist fortan vor allem von Unruhe und Problemen geprägt, seit einem Trafo-Brand im Juni 2007 steht die Anlage überwiegend still und wird nie wieder ans Netz gehen.

Fast zehn Jahre wurde am Elbufer gebaut - und der Aufwand war groß: Ein Teil des Geesthangs musste abgetragen werden, um Platz für das Kraftwerk zu schaffen. Die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) wollten mit dem Meiler die Energieversorgung für die Hansestadt sichern. Und die Pläne gingen noch weiter: Etwa auf Höhe des noch immer erhaltenen Wasserturms der Dynamitfabrik wurde schon ein zweiter Block geplant.

Doch es kam anders. Seit Mitte der 80er-Jahre gab es immer wieder Diskussionen um die Sicherheit des Kraftwerks - mal galt die Schutzhülle um den Sicherheitsbehälter ("Containment") als unzureichend. Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 tauchten Szenarien auf, dass sich die Hansestadt bei einem vergleichbaren Unfall kaum evakuieren ließe. In den 90er-Jahren rückte das Kraftwerk dann in den Mittelpunkt einer nie da gewesenen Häufung von Leukämie-Fällen bei Kindern. Eine Expertenkommission tagte über Jahre - doch eine Verbindung zum Kraftwerk konnte nie belegt werden.

Dennoch arrangierte sich ein Großteil der Bevölkerung mit dem Kraftwerk - schließlich sicherte es fast 400 Arbeitsplätze und war lange Zeit der größte Steuerzahler der Stadt. Auch von einer Steuerrückzahlung von fast 80 Millionen Euro profitierte die Stadt über Jahre.

Nachdem im Juni 2007 Bilder eines brennenden Transformators um die Welt gingen und in den Wochen danach immer mehr Details über das Feuer und das Krisenmanagement von Betreiber Vattenfall bekannt wurden, wuchs abermals die Kritik - auch in Geesthacht. Tausende Demonstranten versammelten sich vor den Toren, "Krümmel" musste vom Netz bleiben, weil ungeeignete Armaturen oder nicht erdbebensichere Dübel verbaut wurden. Pannen über Pannen - insgesamt mussten die Betreiber in der Betriebszeit 313 meldepflichtige Ereignisse an die Atombehörden melden.

Dennoch schöpfte Vattenfall kurzzeitig Hoffnung auf eine Zukunft des Kraftwerks: Im Oktober 2010 beschloss die schwarz-gelbe Bundesregierung eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke - Krümmel hätte bis mindestens 2031 weiter Strom liefern dürfen. Doch die Katastrophe von Fukushima durchkreuzte ein halbes Jahr später die Renaissance der Atomkraft - Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündete Energiewende, Atomausstieg und das endgültige Aus für Krümmel.

Übrig bleiben 330 000 Tonnen Beton, Anlagenteile - und die Frage, wann der Rückbau beginnt. Bis heute hat Vattenfall keinen Rückbauantrag gestellt, sich nicht geäußert, ob das Kraftwerk abgerissen werden soll oder Teile der Anlage eingeschlossen am Elbufer verbleiben.