Verschwisterung: Warum der Kontakt zu anderen Städten noch immer wichtig ist

Verschwisterung ist ein umständliches Wort. Dabei meint es einfach Freundschaft. Geesthacht gewann seinen ersten Freund vor 50 Jahren: die englische Stadt Oldham. Heute ist die Elbestadt mit Kuldiga in Lettland, Hoogezand-Sappemeer in Holland und Plaisir in Frankreich verschwistert.

"Städtefreundschaften haben ihren Ursprung nach dem Zweiten Weltkrieg", erzählt Sabine Manow, Vorsitzende des Verschwisterungskomitees. Verschwistern bedeutete damals versöhnen, einander kennenlernen, neuen Konflikten vorbeugen. Im Laufe der vergangenen 50 Jahre hat sich die Bedeutung erweitert. Nach dem Fall der Mauer, hieß verschwistern auch helfen. "Durch den Zerfall des Sowjetreichs geriet die Situation der Menschen in Osteuropa stärker ins Blickfeld", erinnert sich Geesthachts ehemaliger Sozialamtschef Ernst-Otto Eck. "Eine Lettin, die in Geesthacht lebte, hatte damals Besuch aus Kuldiga." Und als Ernst-Otto Eck und seine Frau Renate von der Armut der Menschen hörten, wollten sie helfen. So brach Ernst-Otto Eck 1991 mit einem Lkw voll mit Lebensmitteln, Kakao und Kleidung auf. "Der Empfang vor Ort war bewegend und unglaublich herzlich." Schnell war klar, die Verbindung zu der Stadt sollte enger werden. Bis heute unterstützen Spenden aus Geesthacht die Schulspeisung in Kuldiga. Ansonsten allerdings hat sich in 22 Jahren eine Freundschaft auf Augenhöhe entwickelt.

An der Realschule kümmerte sich Lehrer Werner Schröder jahrelang um den Schüleraustausch mit Kuldiga. Heute fahren die Bertha-von-Suttner-Schüler nach Lettland, und das Otto-Hahn-Gymnasium organisiert einen Austausch mit Plaisir. Auch die Sportvereine pflegen Kontakte in die Verschwisterungsstädte, so verbindet die Geesthachter Kanuten zum Beispiel eine langjährige Freundschaft mit dem Club aus Hoogezand-Sappemeer. Und über die Musik, den Cantus-Chor und die Latvian Voices gibt es ebenfalls immer wieder Begegnungen.

Dennoch wird es für das Komitee eine Herausforderung sein, die Verschwisterung - auch angesichts knapper Haushaltsmittel - in die nächste Generation zu tragen. Sabine Manow hat die Idee, Jugendfreizeiten mit Teilnehmern aus allen drei Städten zu organisieren. Außerdem bekommt jede Jugendgruppe, die in eine Verschwisterungsstadt reisen möchte, bei der Stadt Unterstützung für die Organisation. "Europa ist zwar auf dem Papier zusammengewachsen, aber was wirklich zusammenwachsen muss, sind die Menschen. Sie müssen einander kennenlernen, sich besuchen. Denn Menschen, die gemeinsam lachen, schießen nicht aufeinander", sagt Sabine Manow.