Friedrichsruh. Traditionshaus im Sachsenwald steht seit November 2022 leer. Doch nun tut sich was in den Räumen und es gibt einen Interessenten.

Unter den lauschigen Ahornbäumen im Schatten sitzen, leckeren Kaffee und Kuchen oder im Saal köstliche Wildgerichte mit einen guten Tropfen genießen oder sich bei einem Heißgetränk nach dem Spaziergang im Sachsenwald kurz aufwärmen – das ist zurzeit im Forsthaus Friedrichsruh nicht möglich. Denn seit 31. Oktober ist der traditionsreiche Gasthof geschlossen und steht leer.

Doch es scheint sich im Gebäude etwas zu tun: Die Beleuchtung ist eingeschaltet, vor dem Haus stehen Handwerksfahrzeuge. Die Möbel im Saal, der in den 1930er-Jahren von Boxlegende Max Schmeling als Trainingsraum errichtet worden war, sind zusammengeschoben. Offenbar bekommen die Räume einen neuen Anstrich – ob für einen neuen Pächter oder Interessenten, bleibt unklar. Eigentümer Gregor von Bismarck spricht nur von „fortgeschrittenen Verhandlungen“, möchte sich noch nicht weiter dazu äußern.

Der Garten des Forsthauses Friedrichsruh wirkt wie in der Winterpause, doch der Gasthof steht zurzeit leer.
Der Garten des Forsthauses Friedrichsruh wirkt wie in der Winterpause, doch der Gasthof steht zurzeit leer. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Was wird aus dem Forsthaus Friedrichsruh?

Die vorigen Pächter, Marc Matthias und Julia Andor, hatten nach dreieinhalb Jahren voller Krisen Ende Oktober 2022 aufgegeben. Als das Gastronomen-Paar im April 2019 hochmotiviert mit dem Forsthaus durchstartete, machte ihm zuerst im Winter die Sanierung und Sperrung der Landesstraße 208 zwischen Friedrichsruh und Grande einen Strich durch die Rechnung. Das Restaurant mit Hotelzimmern und Ferienwohnungen in den benachbarten Gartenhäusern war nur über weite Umwege erreichbar.

Im Jahr darauf folgte die Corona-Pandemie. Matthias und Andor versuchten, den Lockdown elegant mit einem kleinen Foodtruck zu umschiffen, verkauften Wildbratwurst oder -burger mit Pommes und andere Leckereien aus dem Foodtruck vor dem Forsthaus to go und die Pandemie-müden Spaziergänger nahmen sie ihnen dankbar ab. Endlich wollte das Paar so richtig durchstarten: Vom Adventszauber im Dezember 2021 bis zur Pony-Hochzeit im Juni 2022 bescherten die Gastronomen ihren Gästen viele Erlebnisse in ihrer „Traumlocation“.

Ehemalige Pächter: „Drei Krisen sind eine zu viel“

Doch der Angriff auf die Ukraine brachte neben dem ohnehin schon schwelenden Fachkräftemangel noch neue Probleme mit sich: Die Energiekosten stiegen immer weiter. Und Hotel- und Restaurantgäste wollen nicht auf wohlige Wärme verzichten. „Hinzu kommt die Unsicherheit bei den Gästen, sodass sich die Buchungslage speziell für Veranstaltungen im nächsten Jahr sehr zurückhält“, erklärte Marc Matthias den Schlussstrich auf Facebook: „Drei Krisen sind eine zu viel.“

Eigentümer Gregor von Bismarck hält sich bedeckt, berichtet aber von einem ernsthaften Interessenten, mit dem er über das Forsthaus verhandele.

Boxlegende Max Schmeling hat hier trainiert

Das Forsthaus Friedrichsruh wurde 1874 im Sachsenwald erbaut, 1977 und 2014 grundlegend saniert. Die einstige Försterei diente der Familie von Bismarck während des Zweiten Weltkrieges als Unterkunft, als das Schloss bombardiert wurde. In den 1930er-Jahren entdeckte Max Schmeling – nicht nur Boxweltmeister, sondern auch passionierter Jäger – den abgeschiedenen Ort für sich.

Er bereitete sich im Sachsenwald auf seine Kämpfe vor, schon morgens um sechs soll er täglich durch den Sachsenwald gelaufen sein – mindestens 20 Kilometer. Anschließend soll er seine Reaktionsfähigkeit beim Ringtaubenschießen trainiert haben. Dann seien Gerätetraining und Boxen mit den Sparringspartnern gefolgt. Der Sportler soll auch die Halle gebaut haben mit Platz für knapp 500 Zuschauer. Sie wurde schließlich 1977 zum Gastsaal umgebaut. Zur Eröffnung war auch Max Schmeling zu Gast. Noch heute zieren seine Fotos und ein Paar seiner Boxhandschuhe den Saal.

Gastronom verabschiedet sich voller Wehmut

Marc Matthias schwärmt in seinem Abschiedspost auf Facebook trotz aller Hindernisse: „Wir haben hier eine wahnsinnig tolle Zeit erlebt. Wir hatten noch unendlich viele Ideen für unser schönes Haus und haben unseren Nachwuchs schon hinterm Tresen stehen sehen.“ Er bedankt sich nicht nur bei seinen Gästen und dem Team, sondern ausdrücklich auch beim Verpächter: „Graf von Bismarck und seine Frau sind außergewöhnliche Menschen und ohne sie hätten wir wahrscheinlich schon eher gehen müssen.“ Auch wenn er nicht wisse, was komme, schreibt er über das Forsthaus: „Es wird mit Sicherheit eine Traumlocation bleiben und noch viele schöne Jahre vor sich haben.“