Witzeeze. Paul Niemann ist der FF Witzeeze bis heute treu. Vom Brandschutzhelfer im Zweiten Weltkrieg bis zum Wehrführer hat er alles geleistet.

Die Feuerwehr liegt der Familie Niemann im Blut. Paul Niemanns Vorfahren und seinen Nachfahren. Der 95-Jährige wurde kürzlich für ein Engagement geehrt, das seinesgleichen sucht. 80 Jahre hat sich der gebürtige Witzeezer in der Freiwilligen Feuerwehr seiner Gemeinde engagiert. Mehr noch: Gut zwei Jahrzehnte hat er die FF Witzeeze als Wehrführer geleitet, davor hatte er bereits als Gruppenführer und Wehrführer-Vertreter Verantwortung übernommen.

Und er hat Spuren hinterlassen, die bis heute nachwirken. Der Bau eines neuen Gerätehauses (der in Lauenburg bis heute Probleme bereitet) ist ebenso in seine Amtszeit gefallen wie eine enorme Vergrößerung der Wehr. Als Paul Niemann nach 50 Jahren im aktiven Dienst die Wehrführung in die Hände Jüngerer legte, war die Freiwillige Feuerwehr Witzeeze um 17 Retter auf 48 Aktive gewachsen.

Freiwillige Feuerwehr: Paul Niemann für 80 Jahre Mitgliedschaft geehrt

„Er hat ein straffes Regiment geführt, legte viel Wert auf Pünktlichkeit und Ordnung“, berichtet Benjamin Schmahl (35) schmunzelnd. Er ist der aktuelle Chef der Freiwilligen Feuerwehr in der rund 900 Einwohner zählenden Gemeinde südlich von Büchen.

Schmahl muss heute nicht mehr selbst tätig werden, um seine Feuerwehrkameraden zu alarmieren. Anders als früher Paul Niemann: „Ich wohne ja direkt neben der Wache. Da lag es nahe, dass ich die Aufgabe übernehme“, erinnert sich der Oberbrandmeister.

„Der Knopf für die Sirene war bei uns in der Wohnung hinter einer Gardine“, berichtet seine Ehefrau Helga. Die Umstellung auf Funk erfolgte erst später. „Und wehe, Paul hat sonnabends den Probealarm erst eine Minute nach 12 Uhr ausgelöst, dann musste er sich was anhören.“

Wenn Paul Niemann auf Schulung war, übernahm Ehefrau Helga den Kuhstall

Dass sich der Landwirt über Jahrzehnte in der Form für seine Feuerwehr und die Sicherheit seiner Mitbürger einsetzen konnte, daran hat die Familie und besonders Helga Niemann großen Anteil. Ihr Paul fehlte ja nicht nur im Einsatzfall oder für Übungen im landwirtschaftlichen Betrieb. „Wenn mein Mann auf Schulungen war, habe ich eben den Kuhstall gemacht.“

Aktiv war Paul Niemann auch im örtlichen Schützenverein. Er war Fahnenoffizier und hat einmal auch die Aufgabe als Adjutant des Schützenkönigs übernommen. Die Königswürde habe er selbst jedoch nie angestrebt: Der Zeitaufwand hätte sich neben seiner Arbeit als Landwirt und der Tätigkeit als Wehrführer kaum bewältigen lassen.

Zweijährige Brandserie Anfang der 1980er-Jahre wird zur Bewährungsprobe

Anstrengend und nervenaufreibend war es für die Aktiven der FF Witzeeze besonders zu Beginn der 1980er-Jahre. Über zwei Jahre heulte immer wieder die Sirene auf der Feuerwache, um die Retter zum Einsatz zu rufen. „In der Zeit brannten mehrere Scheunen in Witzeeze. Tiere kamen in den Flammen ums Leben, die Landwirte waren in Existenznöten“, erinnert sich Niemann.

„Da ging bei fast allen die Angst um. Jeden Abend sind wir mit einem unguten Gefühl ins Bett gegangen.“ Niemann kannte die Nöte nur zu gut, er verdiente zu der Zeit selbst sein Geld mit Viehwirtschaft.

Die Polizei vermutete, ein Brandstifter sei verantwortlich für die Serie an Scheunenbränden. Doch einen Täter konnten die Beamten, trotz aller Anstrengungen, nicht ermitteln.

Kreiswehrführer Sven Stonies: „80 Jahre Mitgliedschaft, das ist Wahnsinn“

Zu Paul Niemanns außergewöhnlichem Jubiläum ließ es sich die Spitze des Kreisfeuerwehrverbandes Herzogtum Lauenburg nicht nehmen, ihn persönlich zu würdigen. „80 Jahre Mitgliedschaft, das ist nicht nur besonders. Das ist schon Wahnsinn“, sagte Kreiswehrführer Sven Stonies, als er mit den Vorständen Henning Wittkamp und Jürgen Lempges die Ehrenurkunde an Paul Niemann in den Räumen des Verbands in Elmenhorst überreichte.

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Paul Niemann hält auch im hohen Alter seiner Feuerwehr die Treue, genießt die Kameradschaft und den Gedankenaustausch. Sonntags kommt er zum Klönen in die Feuerwache, für die er bis heute einen Schlüssel hat.

Zu seiner aktiven Zeit hat er entscheidenden Anteil an der Entwicklung gehabt, etwa regelmäßige Kameradschaftsabende und alljährliche Grünkohlessen eingeführt. Der Träger des goldenen Brandschutzehrenabzeichens hält sich geistig fit: Den jüngsten Doppelkopfabend der FF Witzeeze beendete der 95-Jährige auf Platz drei.

FF Witzeeze: Paul Niemann stammt aus einer Feuerwehr-Dynastie

Sein Engagement in der Feuerwehr war Paul Niemann schon in die Wiege gelegt. Bereits sein Großvater und sein Vater waren in der Feuerwehr aktiv. Der Vater führte die Wehr in der Gemeinde Witzeeze 18 Jahre lang.

Paul Niemann wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges als Brandschutzhelfer rekrutiert. Damals war er gerade 16 Jahre jung. Bereits zehn Jahre später war er Gruppenführer in der Feuerwehr Witzeeze. 15 Jahre später wurde er zum stellvertretenden Wehrführer berufen, 1972 zum Wehrführer. Er überflügelte in der Position seinen Vater und blieb 21 Jahr an der Spitze der Wehr. „Ein Leben ohne Feuerwehr, da hätte mir etwas gefehlt.“

Zwei Töchter und Enkel haben Paul und Helga Niemann, auch hier finden sich engagierte Retter. „Unsere eine Tochter lebt in Hessen, die andere in Oststeinbek“, berichtet Helga Niemann. „Nicht nur unser Schwiegersohn engagiert sich in Oststeinbek in der Feuerwehr, unsere beiden Enkelkinder tun es ihrem Vater, Opa und Uropa gleich.“