Geesthacht. Nur noch zweimal verkaufen Jörg und Gudrun Baier auf dem Geesthachter Wochenmarkt, bis sie sich in den Ruhestand verabschieden.

Generationen von Geesthachtern haben ihren frischen Fisch bei Gebert gekauft. Nun, 102 Jahre später, geht eine Ära zu Ende. Nur noch zweimal steht der Verkaufswagen auf dem Geesthachter Wochenmarkt: Die Spezialitäten des Familienbetriebs in dritter Generation gibt es nur noch am Mittwoch, 24. Januar, und am Sonnabend, 27. Januar. Dann wollen sich Jörg und Gudrun Baier ab 9 Uhr mit einem Sektumtrunk von ihren Kunden verabschieden.

Den Grundstein für das Unternehmen legte Bernhard Gebert im Jahr 1922. In den späten 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts war Fleisch teuer und Fisch erschwinglich. „Das war auch der Grund, warum es damals hier sieben oder acht Fischhändler gab. Einige zogen mit einem Handkarren durch die Straßen, andere hatten Ladengeschäfte“, weiß Jörg Baier zu berichten. Bernhard Gebert verkaufte zunächst als Großhändler an Gaststätten und Einzelhandel. Das Geschäft florierte. Sein mit frischem Fisch beladener Lkw rollte damals bis nach Mecklenburg-Vorpommern. Geschäftssitz war die Geesthachter Straße 61 in Düneberg, dort, wo heute der Thai Imbiss „Mr. Pad“ seine Geschäftsräume hat.

Nach 102 Jahren: Fisch Gebert hört auf

Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel der Handel nach Mecklenburg weg. „Meine Großeltern entschlossen sich dann, neben dem Großhandel noch ein Ladengeschäft direkt für die Geesthachter aufzubauen und schlossen später den Großhandel“, erzählt Baier. Damals war Düneberg eine Einkaufsmeile, was frische Lebensmittel angeht. „Es gab Milchhändler, Schlachter und Bäcker, einfach alles, was man sich vorstellen kann“, erinnert sich der Fischhändler.

Das Ladengeschäft von Fisch Gebert in der Geesthachter Straße Ende der 1960er-/Anfang der 1970er Jahre. Heute: Asia-Restaurant „Mr. Pad“.
Das Ladengeschäft von Fisch Gebert in der Geesthachter Straße Ende der 1960er-/Anfang der 1970er Jahre. Heute: Asia-Restaurant „Mr. Pad“. © privat | Denise Ariaane Funke

Ab 1954 übernahmen dann die Eltern von Jörg Baier, Ludwig und Elke Baier, geborene Gebert, den Fischladen. Das Paar führte das Geschäft an der Geesthachter Straße weiter. In den 1980er-Jahren investierten sie in ihren ersten Verkaufswagen, mit dem sie auf dem Wochenmarkt, damals noch an der Trift, standen. Später wurden aus einem Wagen zwei, mit denen sie zusätzlich auch auf den Wochenmärkten in Marschacht und Bergedorf standen. Darüber hinaus verkauften sie bis 2021 jeden Donnerstag in der Bergedorfer Straße in Geesthacht.

1999 hat Jörg Baier das Geschäft übernommen

Jörg Baier war immer gern im Familienbetrieb tätig. „Schon als Kleinkind saß ich in den Fischkisten“, sagt der 67-Jährige. Zunächst absolvierte er eine Ausbildung zum Im- und Exportkaufmann. 1999 übernahm er schließlich mit Ehefrau Gudrun das Geschäft. Doch die dritte Generation bei Fisch Gebert ist nun die letzte. Das einzige Kind, Tochter Freya, hat zwar häufig und gern ausgeholfen, ist beruflich aber in der Medienbranche.

Das Foto zeigt Jörg Baier im Alter von sechs Jahren beim Stapeln der hölzernen Fischkisten. 
Das Foto zeigt Jörg Baier im Alter von sechs Jahren beim Stapeln der hölzernen Fischkisten.  © privat | Denise Ariaane Funke

Ein Fünkchen Hoffnung, dass das Geschäft weitergeführt wird, gibt es noch. „Es gibt einen Interessenten. Wenn es eine Zusage geben würde, würden wir den Nachfolger auf jeden Fall auch noch einarbeiten und anfangs mitbegleiten“, sagen die Fischhändler. Sie selbst schließen einerseits aus gesundheitlichen Gründen und wollen mit 67 beziehungsweise 65 Jahren das Leben mit der Enkeltochter noch ein bisschen genießen und mehr auf Reisen gehen.

Dreimal pro Woche wurden frische Salate zubereitet

Das Geschäft war derweil ihre Berufung, selbst, wenn der Arbeitstag für das Paar immer früh morgens begann. Die Salate nach Familienrezept sind bei den Geesthachtern schon lange kein Geheimtipp mehr. Dreimal in der Woche bereitete Gudrun Baier mit den Mitarbeiterinnen die Köstlichkeiten zu. Die Palette reicht von Fleischsalat bis zum Krabbensalat. „Ich war immer einen halben Vormittag damit beschäftigt, schließlich gab es zwischen 20 und 25 verschiedene Salate“, sagt sie.

Verbliebene Fischhändler auf dem Geesthachter Wochenmarkt: Birte und Olaf Lenz.
Verbliebene Fischhändler auf dem Geesthachter Wochenmarkt: Birte und Olaf Lenz. © Denise Ariaane Funke | Denise Ariaane Funke

An den Markttagen beluden Jörg und Gudrun Baier ihre Fahrzeuge gegen fünf Uhr morgens, um zu den Märkten zu fahren. Eine willkommene Abwechslung für Jörg Baier war der Einkauf auf dem Fischmarkt in Hamburg. „Ich habe den Fisch immer direkt vom Großhändler an der Elbstraße gekauft. Der liegt ein Stückchen hinter dem Touristenfischmarkt“, sagt der 67-Jährige. Doch das Schönste an ihrem Beruf, da brauchen sie nicht überlegen, sei der Kontakt mit den Kunden gewesen.

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Sollte sich für Fisch Gebert kein Nachfolger finden lassen, verbleibt mit Olaf Lenz nur noch ein Fischhändler auf dem Geesthachter Wochenmarkt. Dort müssen Jörg und Gudrun Baier jetzt wohl ihre geliebte Seezunge einkaufen, die bislang mindestens einmal pro Woche auf den Teller kam. „Fisch Lenz“ feiert in diesem Jahr übrigens sein 50-jähriges Bestehen in Geesthacht. „Würde meine ganze Familie nicht mitarbeiten, würde das wohl anders aussehen. Personal zu finden, ist sehr, sehr schwer geworden“, sagt Olaf Lenz.