Schwarzenbek. Beim Verbrüderungstreffen geht es um Völkerverständigung. Der Schweizer Nicolas Fontaine verfügt über ungewöhnliche Fähigkeiten.

Einmal die Woche wieder die Schulbank drücken, das war für Nicolas Fontaine keine Option. Er wollte besser Deutsch lernen, von der Sprache umgeben sein und das Leben im flachen Norden kennenlernen. Drei gute Gründe für Schwarzenbek. „Wenn ich spreche, dann lerne ich, c´est ca“, sagt Fontaine und erzählt mehrsprachig drauflos.

Seit zwölf Jahren lebt der 32-Jährige in Schwarzenbeks Partnergemeinde Sierre. Der Ort im Rhonetal gehört zum französischsprachigen Teil der Schweiz. Nicolas hat dort Beruf und Berufung gefunden. Im Kanton Wallis arbeitet er als Landschaftsgärtner – seine Berufung ist die Städtepartnerschaft, auch Jumelage genannt. Hierüber hat er seine Gastgeber kennengelernt.

Verbrüderungstreffen: Ein besonderer Gast in Schwarzenbek

Er sitzt am Adventstisch von Friederike und Jörg Hobusch. Die beiden bemerken erst jetzt, dass Fontaine ihr Jubiläumsgast ist. Vor 20 Jahren haben sie den ersten Jumelage-Teilnehmern ihre Tür geöffnet. Viele junge Menschen haben seitdem bei ihnen eine Unterkunft auf Zeit gefunden.

Fontaine ist dem Paar aus Schwarzenbek beim jüngsten Verbrüderungstreffen im italienischen Cesenatico begegnet. Auf dem Programm stand ein gemeinsames Essen mit Spezialitäten aus den fünf teilnehmenden Städten. Jörg erinnert sich gut daran: „Nicolas und seine Roboclette haben den Vogel abgeschossen.“

Gärtnerleidenschaft trifft auf Raclette-Roboter

Neben seiner Leidenschaft für das Gärtnern hat Fontaine nämlich auch vorzeigbare Programmierer-Fähigkeiten. Gemeinsam mit Kollegen bastelt er an Robotern für den Hausgebrauch. Die Roboclette ist ein zweiarmiger Roboter, der alle Zubereitungsschritte eines traditionellen Raclette-Essens ohne fremde Hilfe ausführt. Und sie ist nur eins von vielen Projekten, die er aus der Taufe gehoben hat.

Der Schweizer Nicolas Fontaine möchte auch nach seinem Verbrüderungsaufenthalt nach Schwarzenbek zurückkehren.
Der Schweizer Nicolas Fontaine möchte auch nach seinem Verbrüderungsaufenthalt nach Schwarzenbek zurückkehren. © Martina Kalweit | Martina Kalweit

Klischee und Wirklichkeit abzugleichen, eigene Traditionen und gemeinsame Projekte anzudenken – darum geht es bei der Städtepartnerschaft. „In Europa kann ich heute alles lernen“, schwärmt Nicolas: „Ich kenne Menschen, ich habe das Internet, ich finde Partner. Wir alle können noch viel voneinander lernen.“ Trotz zehnjähriger Praxis in seinem Erstberuf als Gärtner hat er in Schwarzenbek gerade wieder einiges dazugelernt.

Schließlich ist er nicht einfach nur zu Besuch hier. Zu seinem Aufenthalt gehören Standards, die den Jumelage-Austausch besonders machen. Die ersten Wochen hat er bei einem Baumpflege-Unternehmen mit angepackt, in den nächsten Tagen wird er Schülerinnen und Schülern etwas über das Leben in Sierre, über Roboter-Programmierung und Raclette-Käse erzählen.

Fontaine ist der europäische Gedanke wichtig

Im Gegensatz zu seinen beruflichen Kontakten, in denen es immer um Geschäftliches geht, weiß Nicolas, private Freundschaft zu schätzen. Beim Wein zusammensitzen oder Jörg Hobusch zu einer privaten Weihnachtsfeier zu begleiten, ist ein toller Ausgleich für ihn. In den Unterhaltungen wird dann oft klar, dass die Probleme an der Elbe und am Südrand des Schweizer Wallis häufig die gleichen sind.

Klimakrise, Migration und Fachkräftemangel sind Begriffe, die Nicolas geläufig sind. Als Fan des Miteinanders ärgert ihn, dass viele Schweizer angesichts dieser Herausforderungen immer noch auf Abschottung setzen: „Die EU hat uns aus dem Erasmus-Programm ausgeschlossen. Aber ich verstehe das. Die Schweiz will sich aus allem oft nur die Rosinen herauspicken. Das ist nicht gut“, sagt er. Umso schöner sei die Chance, über die Jumelage Kontakte zu knüpfen.

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Fontaine schwärmt von Schleswig-Holstein – dabei hat er das milde Rhonetal gegen norddeutschen Dezemberregen getauscht. Will man da nicht gleich wieder zurück in den Süden? „Wir hatten in den letzten zwei Wochen auch viel Regen in der Schweiz“, antwortet er. Viel zu viel Regen gebe es derzeit am Alpenrand. Die Straßen gingen kaputt, das sei ein großes Problem in Sierre.

Hier hängt der Himmel zwar tief, aber es ist alles sicher. Außerdem sei er ja nicht nach Schwarzenbek gekommen, um an den Strand zu gehen. Und was nimmt er in Gedanken mit, wenn es zur Weihnacht wieder nach Hause geht? Da überlegt der Schweizer nicht lang. Die Kraniche am Himmel, die Kronen alter Baumriesen, die Gastfreundschaft und die Miniatureisenbahn – und zwar die in Schwarzenbek.

Auf der müssen seiner Meinung nach bis zur Jumelage 2025 unbedingt noch die Züge aller Partnerstädte rollen. Bei ihm als Schweizer wäre das Projekt sicher in guten Händen. Vielleicht im nächsten Dezember? Okay, da will er ohnehin wieder in Schwarzenbek sein. Wenn es nach ihm geht: alle Jahre wieder.