Salzhausen. Um Rettungshunde auszubilden, braucht es jahrelange Arbeit. Diese Menschen machen sie ehrenamtlich – das Ergebnis ist faszinierend.

  • Wenn Hunde über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen, können sie den Menschen in vielerlei Hinsicht helfen
  • Assistenzhunde zum Beispiel helfen Menschen mit schweren Erkrankungen bei der Rückkehr in ein normales Leben
  • Rettungshunde wiederum unterstützen Hilfsorganisationen beim Aufspüren vermisster Menschen

Bei Wind und Wetter durchstreifen sie Wald und Wiesen oder eben auch das gut eingezäunte Gelände des Ausbildungszentrums Luhmühlen: rund 15 Frauen und Männer der Johanniter Rettungshundestaffel des Landkreises Harburg und ihre vierbeinigen Spürnasen.

Zurzeit sind im Team fünf geprüfte Flächensuchhunde und fünf weitere „Azubis“ sowie vier Mantrailer-Azubis. Feuerwehr und Polizei schätzen die gut eingespielten Teams von Fellnasen und Hundeführern, wenn es bei der Suche nach Vermissten um Leben und Tod geht.

Mantrailer und Flächenhunde: Eine schlagkräftige Soko auf vier Pfoten

Die schlagkräftige Soko auf vier Pfoten besteht aus Mantrailern und Flächensuchunden – und ihren Haltern. Mantrailer-Hunde sind in der Lage, die Duftspur eines Vermissten aufzunehmen, um dann die Richtung vorzugeben. Flächensuchhunde spüren Grundstücke, Wald- und Freiflächen nach der vermissten Person flink und zuverlässig ab. Besonders im Team sind die an der Schleppleine geführten Mantrailer und die strategisch frei umherstreifenden Flächensuchhunde stark und leisten ganze Arbeit.

Vielerorts weiß die Polizei diese Arbeit zu schätzen – aber nicht immer. Anja Lütchens, Leiterin der 2017 gegründeten Rettungshundestaffel: „Leider hat im Landkreis Harburg die Qualität der Arbeit der Flächensuchhunde noch nicht die Anerkennung gefunden, die sie verdient.“

Ein Flächensuchhund kann pro Suche zehn Hektar abarbeiten – so viel wie 14 Fußballfelder

Anke Lange befestigt Geschirr und Schleppleine an Mantrailer „Beere“ –und dann geht’s los.
Anke Lange befestigt Geschirr und Schleppleine an Mantrailer „Beere“ –und dann geht’s los. © HA | Marion Wenner

Das Terrain, das einmal von der Spürnase eines Flächensuchhunds genauestens inspiziert worden ist, kann nämlich als Aufenthaltsort der vermissten Person ausgeschlossen werden, wenn es vom Hundeführer freigegeben wird. Die kernigen Spürnasen sind wahre Spezialisten, an deren Fähigkeiten kein Mensch heranreicht: „Ein Flächensuchhund ist in der Lage, pro Suche zehn Hektar abzuarbeiten“, so Frank Borchardt. Zum Vergleich: Das ist die Fläche von 14 Fußballfeldern.

„Zusätzlich führen, begleiten, organisieren und dokumentieren wir mit unserer Johanniter-Einsatzleitung die Personensuche und könnten der Polizei und der Feuerwehr viel Arbeit abnehmen“, ergänzt Anja Lütchens. Das qualifiziert die Rettungshundestaffel für die Personensuche. Und dennoch wird sie im Landkreis Harburg noch viel zu selten angefordert.

Dringender Wunsch: Mehr Anerkennung und Einsätze für die Rettungshunde

Erfolgreiche Mission: Labrador „Oskar“ hat Frank Borchardt in seinem Versteck aufgespürt.
Erfolgreiche Mission: Labrador „Oskar“ hat Frank Borchardt in seinem Versteck aufgespürt. © HA | Marion Wenner

Frank Borchardt ist sowohl in der Rettungshundestaffel als auch bei der Freiwilligen Feuerwehr Salzhausen engagiert. Sein dringender Wunsch ist es, dass die Staffel bei Notfällen rechtzeitig alarmiert wird. „Es gibt bei der Feuerwehr keinen Fachzug ,Personensuche‘, und wenn die Hunde als Letzte auf der Bildfläche erscheinen, dann ist es für sie sehr schwer, bei der Vielzahl der anwesenden Polizisten und Feuerwehrleute den richtigen Geruch aufzunehmen“, sagt der passionierte Retter.

Mischling Tygra hat mit ihrem Frauchen das große Los gezogen

Franziska Triebe ist erst seit anderthalb Jahren mit Tygra bei der Rettungshundestaffel. Die Hündin, ein achtjähriger Holländischer Schäferhund-Mischling, stammt aus einer polnischen Tötungsstation und hat mit ihrem Frauchen das große Los gezogen. Die gelernte Krankenschwester hatte sofort Tygras Talent zur Flächensuche erkannt.

Franziska Triebe und Hündin „Tygra“ haben viel Freude an der Flächensucharbeit.
Franziska Triebe und Hündin „Tygra“ haben viel Freude an der Flächensucharbeit. © HA | Marion Wenner

Bereits nach einem halben Jahr bestand die Hündin die Prüfung, während die meisten Hunde durchschnittlich zwei bis drei Jahre dafür trainieren müssen, um mit Herrchen oder Frauchen ein gefestigtes Team zu bilden. Damit nicht genug: Alle zwei Jahre müssen die vierbeinigen Retter erneut geprüft werden, damit sie fit sind für den Einsatz.

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Doch nicht nur den Hunden wird im Ernstfall einiges abverlangt, sondern auch ihren Besitzern, die allesamt Mitglieder des Johanniter Ortsverbands Salzhausen sind und oft auch ohne die Fellnasen anzutreffen sind, etwa im Sanitätsdienst bei Veranstaltungen oder bei der Unterstützung in Schadenslagen. Während des wöchentlichen Hundetrainings üben die Hundeführer den Umgang mit Wind und Gerüchen auf verschiedenen Landschaftsformen.

Einsatztaktik, Kartenkunde, Kynologie, Erste Hilfe am Tier: Überall ist Wissen gefragt

Die Ausbildung zum Sanitäter ist verpflichtend, genauso wie der Grundkurs Psychosoziale Notfallversorgung und 14-tägige medizinische Trainingseinheiten. Hinzu kommen noch erforderliche Kenntnisse in Einsatztaktik, Kartenkunde, Kynologie (wissenschaftliche Lehre vom Hund) mit Erster Hilfe am Tier sowie der Umgang mit dem Sprechfunk. Klingt sehr anspruchsvoll. Ist es auch. Denn: „Unsere Arbeit ist ehrenamtlich, aber auch geprägt von einer hohen Verantwortung“, erklärt Anja Lütchens.

Freuen sich auf das Training: Franziska Triebe (von links), Ingolf Nitsche, Anke Lange, Nils Borsutzky, Dr. Ann-Kathrin Diercks und Stefanie Borchardt.
Freuen sich auf das Training: Franziska Triebe (von links), Ingolf Nitsche, Anke Lange, Nils Borsutzky, Dr. Ann-Kathrin Diercks und Stefanie Borchardt. © HA | Marion Wenner

Und trotzdem sind weder tierische noch menschliche Mitglieder des Teams gezeichnet von Verbissenheit, sondern von Freude am Training und an der Zusammenarbeit. Frank Borchardt etwa konnte sowohl seine Frau Stefanie als auch die Söhne Alexander und Maximilian für die Arbeit in der Rettungshundestaffel begeistern.

„Man muss auf die Motivation des Hundes achtgeben, er muss den Job wollen“

Begeisterung herrscht auch bei den Hunden. „Man muss auf die Motivation des Hundes achtgeben, er muss den Job wollen“, so Anja Lütchens. Wichtig ist auch das Vertrauen des Menschen zu seinem Hund. Gemeinsam wollen sie in diesem Jahr am Himmelfahrtstag auf dem Gelände des Technik- und Trainingszentrums Celle-Scheuen mit den Katastrophenschutz-Einheiten des Landkreises Harburg trainieren. Wieder eine neue Erfahrung, auf die sie sich schon freuen.

Die gut ausgebildete Rettungshundestaffel kann in ganz Niedersachsen und auch in Hamburg eingesetzt werden. Wer mit seinem Hund bei dem sympathischen Team mitmachen möchte, kann sich bei Anja Lütchens informieren unter der Nummer 0151/12 73 40 88.