Wasserport

Hier können Urlauber das Segeln lernen

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Segelschüler trainieren am Anleger der Segelschule Plön.

Segelschüler trainieren am Anleger der Segelschule Plön.

Foto: Georg Wendt / dpa

In Helge Wiederichs Segelschule am Plöner See haben schon Tausende den Umgang mit einer Jolle gelernt. Ideal für Anfänger.

Plön. Sie tragen dicke, leuchtend rote Schwimmwesten, ziehen die Großsegel der Schulungsjollen hoch und nehmen Kurs auf eine große Boje draußen auf dem See. „Heute üben sie Kreuzen“, sagt Helge Wiederich und blickt über die westliche Bucht des Großen Plöner Sees, dessen gekräuselte Oberfläche im Wechsel von Wolken und durchbrechender Sonne dunkelblau, grau oder anthrazit schimmert. Begleitet wird der Kursus von einem Motorboot und Lehrern, die helfen, wenn Segel, Tau und Ruder der Hand des Anfängers noch nicht gehorchen wollen.

Fünf Tage dauert ein Kursus. Zuerst drei Stunden Theorie und dann geht es schon hinaus auf den größten See Schleswig-Holsteins. Vormittags wird drei Stunden gesegelt, nachmittags noch einmal. Die meisten Teilnehmer seien Urlauber, sagt Helge Wiederich, der die Segelschule, zu der auch ein Bootsverleih gehört, vor Jahren von seinem Vater übernommen hat.

Segelschule vom Großvater aufgebaut

Wiederich ist quasi zwischen Stegen, Bootshaus und Urlaubertrubel aufgewachsen. Sein Berufswunsch war dennoch zunächst ein anderer. „Sport und Geschichte auf Lehramt habe ich studiert“, sagt der 56-Jährige. Die Liebe zum Wassersport war natürlich immer da. 1998 habe er dann die Entscheidung getroffen, das Geschäft zu übernehmen. Gemeinsam mit seiner Frau Iris stemmt er den Großteil der Arbeit. Wirklich nervig sei heute die Bürokratie. „Das wird immer aufwendiger.“

Zu verdanken haben die Wiederichs die Segelschule dem Großvater, der sie nach seiner Zeit als Marinesoldat ab 1969 als Freizeitbeschäftigung aufbaute. Der Vater gab seinen Beamtenjob nicht auf, führte die Schule nebenher. Wer konnte denn wissen, ob der kleine Betrieb die Familie ernährt? Helge Wiederich zeigt, dass es geht. Die Corona-Zeit sei zwar schwierig, habe aber nicht zu existenzieller Not geführt. „Wir sind mit zwei blauen Augen davongekommen“, sagt Iris Wiederich.

„Mein Traumberuf ist das nicht“

Sie hat damals für den gemeinsamen Betrieb ihre Arbeit als Herrenschneiderin aufgegeben. Eine Nähmaschine steht zwar in einem der Schulungsräume. Doch die wird nur zum gelegentlichen Reparieren von Segeln oder Ausrüstung benutzt. „Mein Traumberuf ist das nicht“, sagt sie ganz offen. Dann aber ein Blick auf Stege, Boote, See und Horizont, kurzes Zögern: „Ich habe einfach einen schönen Arbeitsplatz.“

Segelkurse alleine würden nicht reichen. Also vermieten die Wiederichs verschiedene Jollen, Katamarane, Surfbretter, Kanus und Kajaks. Beliebt sind feste oder aufblasbare Bretter für den Modesport Stand-up-Paddling. Das Tretbootgeschäft kam erst richtig in Fahrt, als die klassischen Boote gegen Tier- und Fabelwesen zu Wasser ausgetauscht wurden. So kommt es vor, dass erwachsene Menschen in Einhorn oder Schwan in die Pedale treten. „An manchen Tagen stehen die Leute Schlange nach den Booten“, sagt Wiederich und wundert sich kein bisschen.

Veränderungen in Großen Plöner See

Ein paar Jahre wollten sie schon noch weitermachen, sagt der 56-Jährige. Die 26 Jahre alte Tochter hat sich beruflich ganz anders orientiert. Der Sohn ist 23 Jahre alt und Landmaschinenmechaniker. Beste Voraussetzungen, um den Betrieb weiterzuführen, findet Wiederich. Der junge Mann weiß mit Booten umzugehen und sie zu reparieren. Die Werkstatt ist ein Fundus an Werkzeugen und Ersatzteilen. Alles von Fremdfirmen machen zu lassen, wäre unmöglich. „Viel zu teuer.“ Sogar die ersten Holzboote, die der Großvater auf der Husumer Schiffswerft bauen ließ, sind noch da, ordentlich im riesigen Bootsregal verstaut.

Ein Wandel über die Generationen ist nicht nur bei Booten und Menschen zu sehen. „Ich kenne den See seit meiner Geburt“, sagt Helge Wiederich. „Es gibt einen Wandel in allem, was hier passiert.“ Noch in den 70er Jahren sei der See überdüngt gewesen. Heute könnte man das Wasser trinken. „Der See ist sehr klar.“ Allerdings verbreite sich eine neue Muschelart und es gibt weniger Fische. Als das erste Seeadlerpaar wieder auf der vorgelagerten Insel brütete, sei das eine Sensation gewesen. Heute kämen die Tierschützer mit dem Beringen der Jungvögel nicht mehr hinterher.

Windwechsel – Unterschätzen darf man den See nie

„Ich mache mir Gedanken, wie der See in den nächsten Jahren aussehen wird.“ Schwere Gewitterfronten seien früher selten gewesen, heute seien sie regelmäßiger Bestandteil des Sommers in Plön. Die Wind- und Wettervorhersage im Internet laufe ständig, sagt Wiederich, damit alle Boote bei Gefahr rechtzeitig reinkommen. Denn unterschätzen darf man den See nie. Weil es viele dennoch tun, sei er mit seinem Motorboot immer wieder auch für die Rettung gefragt.

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Froh ist er, dass auf dem Großen Plöner See mit wenigen Ausnahmen keine Motorboote fahren dürfen. Mit dem Vormarsch der Elektromobilität könnte sich auch das ändern.

Interesse am Segeln steigt bei den Menschen

Der Deutsche Segler-Verband (DSV) mit seinen rund 1300 Segelvereinen erkennt 130 Segelschulen in Deutschland an. Wie viele es insgesamt sind, sei ihr nicht bekannt, sagt die Sprecherin des Verbands, Christiane Perlewitz. Das Interesse am Segeln nimmt nach ihrer Einschätzung zu. Das liege nicht zuletzt daran, dass Segeln eine Sportart sei, die auch während der Corona-Pandemie gut ausgeübt werden könne. „Auf dem Wasser und unter dem freien Himmel ist der Alltag schnell vergessen, das macht die Faszination unseres Sports gerade in Corona-Zeiten aus.“

Nach Überzeugung von DSV-Generalsekretär Germar Brockmeyer ist kaum eine Sportart so vielfältig wie das Segeln. „Sie können sich bei Regatten mit anderen messen oder ohne Wettkampfgedanken von einem Ort zum anderen segeln, auf dem Wasser sein und die Natur genießen.“ Man könne alleine segeln oder aber mit der Familie und Freunden das Miteinander an Bord genießen. „Egal, ob Sie jung oder schon älter sind, ob Sie auf einem See in Süddeutschland segeln, auf der Ost- und Nordsee unterwegs sind oder den Atlantik überqueren. Überall, wo Wasser ist, kann eigentlich gesegelt werden“, wirbt Brockmeyer für den Sport.

( dpa )

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