Brokdorf/Kiel. Anders als die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel darf im AKW Brokdorf noch Strom produziert werden. Doch das Ende naht.

Ende 2021 soll das Zeitalter der Atomkraft in Schleswig-Holstein mit der Abschaltung des AKW Brokdorf enden. Der Meiler an der Elbe wird nach Wartungsarbeiten und dem letzten Brennelementewechsel voraussichtlich in den kommenden Tagen wieder Strom produzieren. „Zu wissen, dass dies die letzte Revision in unserem Kraftwerk ist, macht mich nachdenklich und bewegt mich“, sagte Kraftwerksleiter Uwe Jorden. „Das geht hier an niemandem spurlos vorbei.“ Die Verbundenheit und Identifikation der Mitarbeiter mit der Anlage sei „enorm groß“.

Nach dem katastrophalen Reaktorunglück im japanischen Fukushima im März 2011 sollen in Deutschland spätestens Ende 2022 die letzten Atommeiler vom Netz gehen. Im Norden sind die AKW Brunsbüttel (2007) und Krümmel (2009) bereits seit Jahren vom Netz. „Der Atomausstieg ist wichtig, denn Atomkraft ist eine unbeherrschbare Hochrisikotechnologie“, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne).

AKW Brokdorf produzierte nette 350 Milliarden Kilowattstunden Strom

Nach Angaben von Betreiber PreussenElektra produzierte das AKW Brokdorf seit Oktober 1986 netto 350 Milliarden Kilowattstunden (Kwh) Strom. Es hat eine elektrische Leistung von rund 1480 Megawatt und rund 500 Mitarbeiter. Das AKW Krümmel produzierte bis zur Abschaltung 199 Milliarden Kwh, das AKW Brunsbüttel 119 Milliarden Kwh.

Während die Mitarbeiter in Brokdorf derzeit das Hochfahren des Reaktors vorbereiten, laufen an den beiden anderen AKW-Standorten Schleswig-Holsteins längst Vorbereitungen für den Rückbau. „Erst jetzt, mitten im Ausstieg und dem Rückbau sehen wir die wahren Kosten von Atomstrom“, sagte Umweltminister Albrecht. Der Rückbau werde „noch eine ganze Generation belasten“.

Der Widerstand gegen den Betrieb der Anlage istungebrochen

Von seinem Grundstück aus kann Karsten Hinrichsen den Schornstein des AKW Brokdorf sehen. Er engagiert sich seit 1976 in der Anti-Atomkraft-Bewegung und ist froh, dass der Meiler Ende 2021 vom Netz muss. „Das ist natürlich eine Erleichterung“, sagte der 77-Jährige. Aber auch der geplante Rückbau der Anlage sei nicht problemlos. „Beim Rückbau ist der Reaktor zwar aus, aber es kann radioaktive Zwischenfälle geben.“ Auch für Hinrichsen ist Brokdorf ein Symbol für den Widerstand gegen die Nutzung der Kernenergie. „Hier gab es ja unschöne Auseinandersetzungen.“

Der Widerstand gegen den Betrieb der Anlage sei ungebrochen. Seit 1986 findet jeden Monat eine Mahnwache statt. „Sie ist kein einziges Mal ausgefallen.“

Atommeiler Brunsbüttel wurde bereits Ende 2007 stillgelegt

Als bislang einziges Kernkraftwerk im Norden hatte das AKW Brunsbüttel Ende 2018 vom Umweltministerium die Genehmigung zum Abbau erhalten. Auch für Brokdorf und Krümmel wurden entsprechende Anträge gestellt. Im Falle von Krümmel wird 2021 die Genehmigung zum Abbau erwartet.

Der 1976 ans Netz gegangene Atommeiler am Ufer der Elbmündung in Brunsbüttel wurde bereits 2007 stillgelegt. 15 Jahre dürfte der Rückbau dauern. Der Abriss kostet nach Angaben von Betreiber Vattenfall rund eine Milliarde Euro. Insgesamt müssen in Brunsbüttel 300 000 Tonnen Material abgebaut werden. In Krümmel werden es laut Betreiber sogar 540 000 Tonnen sein.

Rückbau in Brunsbüttel beginnt frühestens 2028

Der Rückbau in Brunsbüttel werde aber „frühestens ab dem Jahre 2028 sichtbar werden“, heißt es aus dem Umweltministerium. Früher ist dies bei den Zwischenlagern für radioaktive Abfälle der Fall. In Brunsbüttel macht dessen Bau laut Ministerium bereits große Fortschritte, in Krümmel wurde Ende Juni damit begonnen. Diese Abfälle sollen später in ein Endlager kommen.

„Von diesen erwarteten Gesamtmassen müssen nur ein bis drei Prozent als radioaktiver Abfall endgelagert werden“, sagte eine Vattenfall-Sprecherin. Etwa sieben Prozent seien metallische Wertstoffe. Der weitaus größte Teil der Rückbaumasse beider Kraftwerke bestehe aus Bauschutt. Er soll auf Deponien entsorgt werden.

„Als Minister hoffe ich, durch möglichst große Transparenz und viel Raum für Erklärungen, schwierige Fragen, wie die Deponierung von freigemessenen Abfällen, im Dialog mit der Gesellschaft zu bewältigen“, sagte Albrecht.