Konzept für die Erlebnis-Reederei Zollenspieker-Hoopte steht. Fahrgastschiffe nehmen Kurs Hamburger Hafen, Lauenburg oder Glückstadt.

Bullenhausen/Hoopte. Das Elbdorf Bullenhausen, eine Nebenstraße, ein Einfamilienhaus mit Garten – nur ein Haus von vielen. Doch dort, nur wenige Meter hinter dem Elbdeich, wohnen nicht nur Alexandra Liebaug, ihr Mann Dariusz Bednarkiewicz und ihre Tochter, sondern dort ist auch der Sitz der Erlebnis-Reederei, bekannt für ihre Fähre über die Elbe. Gut zehn Kilometer elbaufwärts liegt die Flotte derzeit noch an holzbeplankten Stegen im Hafen von Stöckte: Neben den beiden Fähren, die sonst zwischen dem Zollenspieker im Hamburger Bezirk Bergedorf und dem niedersächsischen Hoopte unterwegs sind, warten dort drei Fahrgastschiffe. Noch ist Winterpause.

Doch die Ruhe trügt. Denn im beschaulichen Bullenhausen, wo einst die Schauspielerin Inge Meysel zu Hause war, herrscht Aufbruchstimmung. Am 28. Februar, einem Sonnabend, wird die „Hoopter Möwe 2“ wieder Fahrt aufnehmen. Dann werden sich wie jedes Jahr Ausflügler auf den Weg zu den Lokalen machen, in denen der frische Stint aus der Elbe angeboten wird.

Der Saisonstart ist für Bednarkiewicz und seine Frau aber mit mehr verbunden als den notwendigen technischen und kaufmännischen Vorbereitungen: Sie haben sich vorgenommen, das Lebenswerk von Karl-Heinz Büchel fortzusetzen. Den Mann, den alle nur Käpt. Kudd’l nannten und der mit 75 Jahren am 14. Oktober für die Öffentlichkeit überraschend in einem Lüneburger Krankenhaus gestorben war. Den Tod müssen Stiefsohn und Schwiegertochter noch verarbeiten. Kein Wunder: Gehören beide doch seit Jahrzehnten zum festen Team der Reederei. „Er wurde mitten aus dem Leben gerissen“, hatte Alexandra Liebaug damals über Büchel gesagt.

Das Leben von Hamburgs bekanntestem Fährmann hatten seine Schiffe und die Linienreederei bestimmt, Vor sechs Jahren ließ er sein Flaggschiff „Käpt. Kudd’l“ in der Nähe von Köln bauen und benannte es nach seinem Spitznamen. So sollte das Schiff auch nach seinem Tod an ihn erinnern. Zur Trauerfeier am 30. Oktober im Zollenspieker Fährhaus, nur einen Steinwurf vom Anleger entfernt, kamen 250 Gäste, um Abschied zu nehmen. Büchel hatte seine Reederei aus der Hinterlassenschaft einer eingestellten Linie aufgebaut und seit dem 1. April 1984 erfolgreich geführt. Nicht nur als Verkehrsmittel, um rasch die Elbe zu passieren oder als willkommener Bypass bei Staus auf den Autobahnen 1 und 7 sah er sie, sondern auch als touristische Attraktion.

Diesen Bereich will der neue Chef nun stärken. Gemeinsam mit seiner Frau hat Bednarkiewicz das Programm für 2015 ausgebaut. Zu den Törns gehören Fahrten zum Fischmarkt mit Hafenrundfahrt auf dem Rückweg zum Zollenspieker und nach Hoopte auf der „St. Nikolaus“. Das schnittige Fahrgastschiffe für 96 Passagiere ist der neueste Zugang der Flotte. Andere Fahrten führen durch die Speicherstadt oder bieten Tagesausflüge nach Glückstadt oder Lauenburg. Büfetts an Bord oder Tapas sind dann inklusive. Gebucht werden kann per Telefon oder E-Mail, sodass jedem Passagier ein fester Platz im Salon sicher ist.

Ein zweiter Platz auf dem Oberdeck steht zur freien Auswahl. Neben den fest terminierten Fahrten können die Schiffe auch komplett gechartert werden. „Wir denken an runde Geburtstage, Konfirmationen, goldene Hochzeiten oder Weihnachtsfeiern“, sagt Liebaug, die für das Marketing der Reederei zuständig ist.

Für alle fünf Schiffe, zu denen auch die umgebaute Barkasse „Patrick“ zählt, sieht der neue Chef gute Einsatzchancen: „Wir werden kein Schiff verkaufen“, versichert Bednarkiewicz. Mit Umsatz- oder Ergebniszahlen der Reederei und Passagier- oder Pkw-Zahlen auf den Fähren hält er sich noch zurück. „Wir müssen gerade bei den Kosten für Versicherungen oder der Instandhaltung der Schiffe noch Erfahrungen sammeln“, sagt er. Nur so viel: Die Reederei mit insgesamt fünf Schiffsführern sowie Kassierern und Servicekräften fährt in den schwarzen Zahlen.

Zum Geschäftskonzept gehören zudem die beiden Imbisswagen an den Anlegern auf beiden Ufern. Sie führt Büchels Witwe Miroslawa Büchel. Die Standorte gelten seit Jahren als beliebte Treffpunkte von Motorradfahrern, die dort gern eine Pause bei Pommes und Currywurst oder einem Kaffee einlegen – gegenseitiges Betrachten der in langen Reihen abgestellten Feuerstühle, Fachsimpeln und Scherzen eingeschlossen. Hinter den Imbiss-Stationen saß Büchel manchmal auf einem Schemel, schaute auf die Elbe und seine „Möwe“, gab Interviews oder verteilte Arbeitsaufträge an seine Mitarbeiter.

Dort jedoch wird Bednarkiewicz künftig selten anzutreffen sein. Denn auch der Chef übernimmt Schichten auf den Fähren, die in der Woche von morgens 6 Uhr bis abends um 20 Uhr unterwegs sind. Wenn es eng wird, ist er auch einmal den ganzen Tag über unterwegs. Und wenn ein Gast bei der letzten Abfahrt ein paar Minuten zu spät kommt und die Fähre abgelegt hat, scheut sich der Kapitän nicht, noch einmal zurückzukommen. Das ist sein Service. Großes Aufsehen macht er darum nicht.