Oldenburger Richter weisen Klage aus Hooksiel ab. Entscheidung könnte aber weiter reichende Wirkung haben.

Oldenburg. Der Zaun ist rund acht Kilometer lang. Er versperrt den Weg zum feinen Sandstrand von Hooksiel, und zumindest vorläufig wird sich daran auch nichts ändern. Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat am Dienstag entschieden, dass die Gemeinde Wangerland bei Wilhelmshaven auch künftig den Bürgern eine Gebühr von drei Euro abknöpfen darf, wenn sie direkt an die Nordsee wollen. Die Entscheidung der niedersächsischen Richter dürfte dazu führen, dass auch in den anderen norddeutschen Bundesländern die Kommunen an Nord- und Ostsee erst einmal durchatmen: Denn kassiert wird schließlich auch anderswo.

Aber auch das Urteil des Verwaltungsgerichts bleibt wohl nur eine Durchgangsstation in einem jetzt schon zwei Jahren dauernden Streit. Die 1. Kammer des Gerichts in Oldenburg hat die Klage der Bürgerinitiative „Freie Bürger für freie Strände“ zum einen aus formalen Gründen als unzulässig verworfen. Schließlich wird die Gebühr nicht direkt von der Gemeinde eingetrieben, sondern von der Wangerland Touristik GmbH. Das ist zwar eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Gemeinde, aber bei der hätten die Bürger den zivilrechtlichen Weg gehen müssen. Problem der Bürgerinitiative: Das haben ihre Mitglieder schon versucht, und das Amtsgericht Jever hat auch diesen Versuch abgeschmettert. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Aber das Verwaltungsgericht hat sich am Dienstag dennoch die Mühe gemacht, auch in der Sache eine Entscheidung zu verkünden. Danach ist die Klage eben nicht nur aus formalen Gründen unzulässig, sondern auch inhaltlich unbegründet.

Die Bürgerinitiative hatte auf das Bundesnaturschutzgesetz gepocht, in dem ausdrücklich das Recht für alle Bürger verbrieft wird, die freie Landschaft unentgeltlich zu betreten und sich dort zu erholen. Dieses Recht dürfe nicht von der Zahlung eines Eintrittsgeldes abhängig gemacht werden.

Nach Einschätzung des Gerichts aber sind die durch die Wangerland Touristik GmbH vom Land Niedersachsen gepachtete Flächen vor den Seedeichen in Hooksiel und Horumersiel-Schillig an der Nordsee „durch die Nutzung als Strandbad, also als kommerzielle Freizeiteinrichtung geprägt“. Weswegen es sich eben nicht mehr um die im Gesetz festgelegte freie Landschaft handelt. „Dem stehen auch die Aktivitäten zur Attraktivitätssteigerung etwa durch das Mähen der Flächen und die Abfallentsorgung entgegen.“

Diese Begründung dürfte auf viele Kurorte an den norddeutschen Küsten zutreffen. In Schleswig-Holstein erheben die Gemeinden ebenfalls Gebühren oder Kurtaxe. „Vergleichbare Streitfälle sind in Schleswig-Holstein aber nicht bekannt“, sagte Tourismusminister Reinhard Meyer (SPD). Mittelfristig strebe das nördlichste Bundesland an, das Kurabgabesystem zu ändern. Ziel sei es, eines Tages ein „kurtaxenfreies Urlaubsland“ zu sein.

Mindestens vorläufig wird es also dabei bleiben, dass die Wangerland Touristik GmbH von April bis Oktober drei Euro kassiert, ausgenommen davon sind nur die Bürger der Gemeinde Wangerland und die Inhaber einer Kurkarte. Die Kläger wiederum kommen aus Nachbargemeinden und wollen auch noch nicht aufgeben. Ihr Sprecher Janto Just hat deutlich gemacht, dass es nicht darum geht, die Gebühr ganz abzuschaffen: „Wir wollen ein angemessenes Verhältnis zwischen freien und bezahlpflichtigen Stränden, das heißt, dass mindestens die Hälfte der Sandstrände kostenlos begehbar sein muss“.

Mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts kann Just nichts anfangen. Er sagte dazu auf Anfrage des Abendblatts: „Das Aufstellen einiger Papierkörbe kann nicht ausreichen als Begründung für die Sperrung von Stränden, sonst werden demnächst auch die Wälder einfach durch einige Papierkörbe gesperrt.“ Er will in Berufung gehen und hofft, dass das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die Sache anders sieht. Er fordert zudem vom niedersächsischen Landtag, nach dem Vorbild der anderen Küstenländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern die Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes zum freien Betreten der Natur auch in das Landesnaturschutzgesetz zu übernehmen. Dort werde der freie Zugang noch präzisiert.

Während Just auf das Gesetz pocht, zeigt sich der parteilose Wangerlander Bürgermeister Harald Hinrichs zufrieden und erleichtert. Er verteidigt die Bezahlschranke am Strand mit Zahlen. Die Pflege von Strand, Toiletten, Duschen und Spielplatz koste die Gemeinde jährlich eine halbe Million Euro: „Der Betrieb des Strandbades wäre also ohne das Entgelt hoch defizitär.“ Solche Summen könne man nicht einfach den Steuerzahlern aufbürden.