In Schleswig-Holstein gibt es zu wenige Rektoren – vor allem in ländlichen Regionen. In Schmalfeld sitzt nun mit der 30-jährigen Alexa Paul die wohl jüngste Schulleiterin des Landes auf dem Chefsessel.

Schmalfeld. Schulleiter werden in Schleswig-Holstein händeringend gesucht. Besonders auf dem Land. Denn bei kleinen Grundschulen ist der Job wenig attraktiv, es gibt kaum zusätzliches Geld, die Verantwortung ist groß. Kommt dann auch noch ein zweiter Schulstandort dazu, muss also viel gefahren werden, fehlen die Bewerber oft gänzlich. So beispielsweise in Schmalfeld (Kreis Segeberg) vor einem Jahr. Damals ging der langjährige Rektor Ulrich Lau in Pension, keine seiner erfahrenen Kolleginnen mochte ihm folgen.

Aber da war ja auch noch Alexa Paul. Die heute 30-Jährige kam vor zwei Jahren direkt aus dem Referendariat an die Grundschule Schmalfeld-Hartenholm. Nun sitzt sie auf dem Chefsessel, um sie herum jede Menge Akten, ein Computer, Telefon und der Stundenplan der ganzen Schule. Paul leitet die Schule seit knapp einem Jahr kommissarisch, verwaltet und gestaltet gern. Sie ist aller Wahrscheinlichkeit nach die jüngste Schulleiterin im Land.

„Ich habe schon im Studium gern die Seminare mit dem Thema Organisation besucht“, sagt Paul. „Das ist mein Steckenpferd.“ Für sie war es immer klar, dass sie gern einmal eine Schule leiten würde. Irgendwann. Dass es so schnell gehen würde, hätte sie nicht gedacht. Erst als eine Kollegin sie vor mehr als einem Jahr darauf ansprach, begann der Entschluss zu reifen. Nach Gesprächen mit der Familie, mit Freunden und den Kolleginnen war ihr klar: Die trauen mir das zu, dann sollte ich mir das auch zutrauen. Die damalige Schulrätin übertrug Paul die Leitung, und so steht sie seit einem Schuljahr kommissarisch an der Spitze der Schule. Wenn die Stelle wieder ausgeschrieben wird, will sie sich bewerben.

Was in Schmalfeld vor einem Jahr passierte, ist immer wieder ein Problem im Land. Ein Schulleiter geht, ein Nachfolger ist nicht oder nicht rechtzeitig in Sicht. Nach aktuellen Zahlen ist in 34 der 393 Grundschulen im Land die Stelle des Rektors unbesetzt. Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft des Landes in Person seines Sprechers Thomas Schunk relativiert die Zahl: „Für die 34 Grundschulvakanzen liegen bereits zehn Besetzungsvorschläge den Schulträgern zur Wahl vor, hier ist von einer Stellenbesetzung zum Schuljahresbeginn auszugehen.“ Es handele sich um Momentaufnahmen. Es gebe keine Abweichungen zu den Vorjahren. „Es ist also eine Größenordnung, die dem Mittel oder ,normalen Personalgeschäft‘ entspricht.“

Mit dieser Einschätzung mache es sich das Ministerium etwas zu einfach, meint Bernd Schauer. Der Geschäftsführer der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft in Schleswig-Holstein verweist darauf, dass es für jede einzelne Schule ein Problem sei, wenn der Rektor fehle. Wenn am Ende eines Schuljahres der Leiter gehe, müsse am Anfang des nächsten ein neuer bereitstehen. Das sollte die Regel sein, findet Schauer. Dass kleine Schulen auf dem Land wie die Schmalfelder Grundschule länger auf neue Leitungen warten müssen und das Kollegium die Leitung zusätzlich übernehmen muss, sei für ihn ein Ärgernis. „Allgemein kann man sagen, in der Stadt ist es einfacher, Schulleiter zu finden, als in abgelegenen Landesteilen“, sagt Ministeriumssprecher Schunk. Es sei vor allem eine individuelle Entscheidung der Lehrerinnen und Lehrer, ob sie sich auf eine Leitungsstelle bewerben wollen oder nicht.

Grund für die teilweise langen Vakanzen ist in den Augen von Gewerkschafter Schauer auch die Ausschreibepraxis des Ministeriums. Beispielsweise wurden kürzlich wieder fünf Schulleitungen zum 1. August ausgeschrieben – bis dahin wird eine Besetzung aufgrund des Wahlverfahrens kaum möglich sein. „Man kann den Eindruck gewinnen, dass sich manchmal Sparzwänge mit sonderbaren Verwaltungshandeln mischen“, sagt Schauer.

Das größte Problem sieht der Gewerkschafter jedoch in der schlechten Bezahlung. „Der Schulleiter müsste aus unserer Sicht eine Gehaltsstufe höher eingruppiert werden als normale Lehrer und nicht nur eine Zulage erhalten.“ Zwar könne der Rektor vor Ort viel gestalten – was die Attraktivität der Stelle ausmache. Er habe auch viel Verantwortung gegenüber den Schülern, den Eltern, den Kollegen und auch der örtlichen Politik. Derzeit müssen die Grundschulrektoren vor allem mit Idealismus an die Sache herangehen.

Auch der Bürgermeister lobt die Arbeit der jungen Schulleiterin

In Schmalfeld macht Alexa Paul all diese Arbeit mit Herz und Seele. Sie sitzt dann auch einmal den ganzen Tag im Büro, wenn am Abend eine Sitzung ansteht. „Dann schafft man viel von der Verwaltungsarbeit“, sagt sie.

Die Leitung der beiden Schulstandorte mit zehn Kolleginnen sowie 150 Schülerinnen und Schülern funktioniert. Lehrer, Schüler und Kollegium sind laut Alexa Pauls eigener Aussage zufrieden, und auch die örtliche Politik findet lobende Worte. „Das Alter ist nur eine Zahl“, sagt Schmalfelds Bürgermeister Klaus Gerdes. „Ich würde gern weiter mit Frau Paul zusammenarbeiten.“

Bis es so weit kommt, muss die Stelle noch offiziell ausgeschrieben werden, Alexa Paul sich bewerben und der Schulleiterwahlausschuss sich für sie entscheiden. Alexa Paul wäre die jüngste reguläre Schulleiterin weit und breit.