Niedersachsens Landwirtschaftsminister Meyer schlägt Alarm: Künftig sollen Landwirtebeweisen, dass sie Umwelt nicht schaden. Dazu soll nun ein Güllekataster auf den Weg gebracht werden.

Hannover. Niedersachsens grüner Landwirtschaftsminister Christian Meyer macht Ernst. In den nächsten Tagen soll als rechtliche Grundlage für ein Güllekataster ein federführend in seinem Hause verfasster Erlass auf den Weg gebracht werden.

Angesichts des teilweise dramatischen Anstiegs der Nitratbelastung im Grundwasser auch in Niedersachsen werden die Bauern künftig beweisen müssen, dass sie die Gülle, aber auch die Gärreste aus Biogasanlagen umweltverträglich ausbringen. Daran hat der Landwirtschaftsminister Zweifel – vor allem in der Region Weser-Ems mit der höchsten Dichte an Biogasanlagen wie auch bei der Haltung von Schweinen, Rindern und Geflügel.

Vor etwa 15 Jahren schien es, als sei die Nitratproblematik beherrschbar. Die Proben zeigten damals eine kontinuierlich sinkende Belastung des Wassers. Dann aber kam der Boom des Biogases, die Zahl der installierten Anlagen stieg binnen zehn Jahren von 250 auf 1480 (Ende 2012). Noch stärker wuchs die installierte Leistung von 95 Megawatt auf 780 Megawatt, und die Stromerzeugung explodierte regelrecht von 340.000 auf 6,5 Millionen Megawatt erzeugter Strom. Zeitgleich wurden in der Region Weser-Ems immer mehr immer größere Ställe gebaut. Mais ist das Futter für die Tiere und wird auch in Biogasanlagen genutzt – mit der Folge, dass der Maisanbau sich laut Statistik der Landwirtschaftskammer binnen zehn Jahren annähernd auf jetzt fast 600.000 Hektar verdoppelte.

Das entspricht einem Drittel der gesamten Ackerfläche im Land, und die höchste Konzentration gibt es wieder in der Region Weser-Ems. Weswegen vor allem der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband einen Anstieg der Nitratbelastung im Grundwasser verzeichnet. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) verbreitet unter Hinweis auf Untersuchungen der Europäischen Kommission gerne, nur auf der Insel Malta gebe es eine höhere Nitratbelastung als in Deutschland. Nitrat kann bei Säuglingen zu Blausucht und Ersticken führen und steht im Verdacht, das Krebsrisiko zu erhöhen.

Wie groß das Problem mit der Gülle als Verursacher in Niedersachsen ist, wissen alle Beteiligten spätestens seit dem Herbst vergangenen Jahres. Da legte das Landwirtschaftsministerium den deutschlandweit ersten Nährstoffbericht vor. Ihm zufolge fallen jährlich in der Tierhaltung rund 39 Millionen Tonnen Gülle und acht Millionen Tonnen Festmist an. Das geplante Güllekataster ist für den grünen Minister nun „der Hebel, um Wiesen, Weiden und Grundwasser besser zu schützen“.

Es könne nicht sein, dass in manchen Regionen Niedersachsens mehr Gülle und Gärreste produziert würden, als Fläche zum Ausbringen vorhanden sei. Der Grünen-Minister Christian Meyer wird mit Blick auf Weser-Ems deutlich: „In Landkreisen wie Cloppenburg und Vechta bräuchte man zum Beispiel fast dreimal so viele Flächen.“

Der rasant gewachsene Maisanbau aber ist darüber hinaus problematisch, weil immer mehr Monokulturen entstanden sind. Im Blick hatte das Problem auch schon Meyers christdemokratischer Vorgänger Gert Lindemann. Er schlug vor, solchen Bauern die Subventionen der Europäischen Union zu streichen, die sich nicht mehr an eine Fruchtfolge bei der Bewirtschaftung der Äcker halten.

Für Meyer ist das Güllekataster nun auch eine Chance, um der Flut der Anträge auf immer neue größere Ställe zu begegnen: „Das Nährstoffkataster und andere Maßnahmen werden die Folge haben, dass große Massentierhaltungsanlagen in viehdichten Regionen kaum noch genehmigungsfähig sind, weil ausreichende Ausbringungsflächen fehlen.“ Und er verweist darauf, dass er den Landkreisen durch Maßnahmen wie den Filtererlass für große Ställe, durch Keimschutzregelungen und die Entprivilegierung gewerblicher Tierhaltung bereits weitere Möglichkeiten geschaffen hat, große Ställe zu verhindern. Meyer gibt sich optimistisch: „Es ist ein Ende des Stallbaubooms erkennbar.“

Und was die Biogasanlagen angeht, so begrüßt Meyer ausdrücklich das Ende der Förderung für die Produktion auf Maisbasis. Neue Anlagen, so seine Forderung, sollen auf Reststoffbasis oder mit alternativen Blüh- und Wildpflanzen betrieben werden.

Der Bundestag debattiert in dieser Woche auch noch über weitere Veränderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG): Bauernverband, Bundesverband Bioenergie und der Fachverband Biogas wollen zeitgleich am Donnerstag dagegen protestieren, weil sie eine Drosselung des Booms und der Stromproduktion nicht hinnehmen wollen.

Tatsächlich sind die Landwirte in der Defensive: Für das Güllekataster als Voraussetzung für mehr und schärfere Kontrollen haben sich im Landtag außer den beiden Regierungsfraktionen auch CDU und FDP ausgesprochen.