Ab dem Schuljahr 2015/2016 wird in Niedersachsen die Schulzeit am Gymnasium wieder verlängert. Besonders leistungsstarke Schüler sollen nach dem Willen der Kultusministerin künftig die Schulzeit verkürzen können.

Hannover. Niedersachsen schafft als erstes Bundesland das Turbo-Abitur wieder ab. Beginnend mit dem Schuljahr 2015/2016 wird wie früher das Abitur erst nach 13 statt der jetzt geltenden zwölfjährigen Schulzeit abgelegt. Dies dürfte auch die Diskussion in Hamburg anfachen, wo die Gegner des Turbo-Abiturs ebenfalls mobil machen.

Die neue längere Schulzeit in Niedersachsen gilt ab dem Jahr 2015 nicht nur für den ersten Jahrgang, sondern auch für die drei nächsten Klassen. Mit dieser Ankündigung zog Kultusministerin Frauke Heiligenstadt am Mittwoch die Konsequenz aus dem Abschlussbericht des Dialogforums. Gestützt auf die Vorschläge dieses Expertengremiums will die Kultusministerin auch die Anforderungen in der Oberstufe und der Abiturprüfung korrigieren, die die Vorgängerregierung verschärft hatte. Es wird laut Heiligenstadt zudem deutliche Entlastungen bei der Zahl der Klausuren und verpflichtenden Kurse geben. Sprecher der beiden Regierungsfraktionen SPD und Grüne begrüßten die Ankündigung, der bildungspolitische Sprecher der oppositionellen FDP, Björn Försterling, bemängelte dagegen, dass die Abkehr vom Turbo-Abitur nicht schon in diesem Sommer zum neuen Schuljahr wirksam werden soll. Laut Kultusministerin wurde der Termin 2015 gewählt, um den Schulen genügend Zeit zur Vorbereitung zu geben. Die Oppositionsparteien dagegen sehen in der Verzögerung einen Versuch, den Gesamtschulen im Konkurrenzkampf um Schüler einen Vorteil zu verschaffen. Niedersachsen wird mit der Abkehr vom Abitur nach nur acht Gymnasialjahren zum Vorreiter – auch unter dem Druck zahlreicher Verbände. Vor Jahresfrist hatte sogar der Philologenverband als Vertretung der Gymnasiallehrer die Korrektur gefordert, der sich dann auch Wirtschaftsverbände anschlossen. Nach der FDP rückte auch noch die CDU vom Turbo-Abitur ab.

Besonders leistungsstarke Schüler sollen nach dem Willen der Kultusministerin künftig die Schulzeit verkürzen können, indem sie ein Schuljahr überspringen. Dafür soll es zusätzliche Förderstunden geben. Unstrittig ist, dass das Abitur nach erst 13 Schuljahren auch mehr Lehrerstellen bindet.

Kultusministerin Heiligenstadt liegt mit den Lehrerorganisationen im Streit, weil sie den Gymnasiallehrern mit Beginn des neuen Schuljahres im Sommer eine Anhebung der Arbeitszeit um eine auf 24,5 Unterrichtsstunden pro Woche verordnet hat. Deswegen haben mehr als die Hälfte der Gymnasien Klassenfahrten und Arbeitsgemeinschaften auf Eis gelegt.