Das Land schafft das Turbo-Abi wieder ab und stockt Ausgaben für Schulen auf

Hannover. Ein Jahr nach Amtsantritt hat die rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen entschieden, das Turbo-Abitur wieder abzuschaffen. Weil eine Expertenkommission ihre genauen Vorschläge erst Ende März vorlegen wird, wollte Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) am Mittwoch keine Details nennen. Die Grundsatzentscheidung, die Gymnasialzeit wieder von acht auf neun Jahre zu verlängern, ist aber gefallen.

Damit aber hat die rot-grüne Koalition einen schulpolitischen Streitpunkt abgeräumt. An den Gymnasien des Landes gärt es derweil auch wegen der von der Landesregierung angeordneten Mehrarbeit. Fest zugesagte Altersermäßigungen wurden wieder einkassiert und allen Lehrern an dieser Schulform eine Erhöhung der Unterrichtsstunden um eine auf künftig 24,5 verordnet. Dagegen läuft nicht nur der Philologenverband Sturm, sondern auch die eher linke Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). An etwa jedem zweiten der rund 250 Gymnasien verweigern die Lehrer deshalb Klassenfahrten und haben freiwillige Arbeitsgemeinschaften ausgesetzt. Ob die Ankündigung der Abschaffung des Turbo-Abiturs geeignet ist, die Protestwelle abflachen zu lassen, ist ungewiss.

Tatsächlich stockt das Land seine Ausgaben für die Schulpolitik deutlich auf – vor allem im Bereich der Ganztagsschulen. Davon profitiert auch eine wachsende Zahl von Gymnasien. Derzeit bieten in Niedersachsen 1600 der rund 3000 Schulen nachmittags Betreuungsangebote an, die Zahl soll bis 2017 um 300 steigen. Vor allem verbessert die Landesregierung aber die finanzielle Ausstattung der 1200 Ganztagsschulen, die bislang die geringste Förderung erhielten. Und mit der Notwendigkeit, diese Verbesserungen zu finanzieren, hat die Landesregierung auch die Mehrarbeit für die Gymnasiallehrer und die Nichtgewährung der Ermäßigungsstunden für ältere Pädagogen begründet. Die jetzt angekündigte Verlängerung der Gymnasialzeit auf wieder neun Jahre dagegen wird die Landeskasse erst nach acht Jahren belasten.

Spannend wird es im Sommer: Dann wird sich zeigen, ob die von Rot-Grün erleichterte Gründung neuer Gesamtschulen einen Nachfrageboom auslöst. Daran wiederum hängt die brisante Frage, ob mittelfristig auch wegen der rückläufigen Schülerzahlen neue Gesamtschulen Standorte von Gymnasien gefährden.

Bei der jetzt angepeilten Änderung des Schulgesetzes für die Abkehr vom Turbo-Abi will die rot-grüne Landesregierung auch die Schullaufbahnempfehlung beim Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen abschaffen.