Willy Siemss ist freundlich und geduldig. So schnell bringt den 84-Jährigen nichts aus der Ruhe – auch nicht die vielen Jets, die beim Landeanflug über sein Häuschen direkt am Flughafenzaun donnern. Vor Kurzem aber hat der Flughafen ohne Ankündigung mehrere Bäume in seinem Vorgarten kappen lassen. „Das kann ich nicht ab“, sagt der gebürtige Barmbeker. Jetzt will er sich einen Anwalt nehmen, nach 22 Jahren guter Nachbarschaft.

Ein bisschen unwohl ist ihm dabei schon, denn eigentlich gehört Treue zu seinen hervorstechenden Eigenschaften. Ein Beweis dafür ist die glückliche Ehe mit seiner Hanna: 1954 lief sie ihm auf dem Rathausmarkt über den Weg, drei Jahre später wurde geheiratet. Das Paar hat eine Tochter, die nebenan wohnt, zwei Enkel und zwei Urenkel. Noch länger als seiner Frau ist er zwei Schwestern verbunden, die er als Zwölfjähriger bei der Kinderlandverschickung kennengelernt hatte. „Ich lebte bei einer Familie in Ungarn. Eines Nachts wurde im Zimmer neben mir ein Mädchen geboren“, erinnert sich Willy Siemss. Das Baby von damals wurde im vergangenen Jahr 70; er hat natürlich angerufen und gratuliert. Auch Ungarn ist er treu geblieben. Schon viermal war er mit Hanna zur Kur am Plattensee, im Mai geht’s wieder los.

Willy Siemss hofft, dass bis dahin Friede zwischen ihm und dem Flughafen ist. Damit er mit gutem Gefühl ins Flugzeug steigen kann.