Jürgen Rudloff will ein Bordell in Westerland bauen. Gerüchte über seine Hells-Angels-Kontakte beunruhigen die Insulaner. Der Bürgermeisterin sei klar, was passieren würde, wenn Rudloff seinen Club aufmachen würde.

Westerland/Sylt. Ein „Gentlemen’s Club“: So etwas fehlt auf der Promi-Insel Sylt, findet der Sexunternehmer Jürgen Rudloff. Ein Bordell fehlt uns gerade noch, meinen hingegen die Kommunalpolitiker. „Die CDU ist nicht begeistert von diesen Plänen“, sagt der CDU-Fraktionschef Wolfgang Jensen. Auch die Bürgermeisterin Petra Reiber lehnt das Vorhaben ab. „Ich werde alles tun, um das zu verhindern“, sagt sie.

Jürgen Rudloff, der von der Boulevardpresse gern als Bordellkönig bezeichnet wird, will das ehemalige Westerländer Kino Strandburg zu einem Etablissement für den „Entspannung suchenden Herren“ umbauen. Ende des Jahres soll es eröffnet werden. Die Genehmigung dafür hat er schon in der Tasche. Auf Sylt fragt man sich jetzt, wie es dazu eigentlich kommen konnte – und wie sich die in den letzten Tagen anschwellende Bordell-Berichterstattung wieder schrumpfen lässt.

Es wird wohl schwierig – bei den Namen, die dort eine Rolle spielen. Investor Rudloff hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht in der Erotikbranche. In Stuttgart hat er das angeblich größte Bordell Europas aufgemacht, das Paradise. Mittlerweile ist daraus eine Kette mit Standorten in Frankfurt, Salzburg und Graz geworden. In Saarbrücken steht im Februar die nächste Eröffnung an, sagt Michael Beretin, Rudloffs linke Hand.

Wie passt das eher unbedeutende Westerland in diese Reihe stolzer Städte? „Sylt ist interessant, weil es eine schöne Gegend ist“, sagt Beretin, der seine Kenntnisse und Fähigkeiten auch schon mal im Fernsegen verwertet hat („Rotlichtexperten im Einsatz“, RTL II). „Und es ist interessant, weil es da oben nix gibt.“

Moment! Es gibt Eve’s, das Bordell an der Norderstraße in Westerland. Werbespruch: „Seit 30 Jahren auf Sylt bekannt“. „Aber das hat ein ganz anderes Niveau“, sagt der Rotlichtexperte. „Wir machen sehr hochpreisige Läden und betreiben sie mit den Behörden zusammen.“ Mit diesem etwas überraschenden Halbsatz meint Beretin Folgendes: „Die Daten der Damen gehen sofort an die Polizei, wir führen die Steuern ab, mit uns gibt es keinen Ärger.“

Ohnehin wolle man auf Sylt nur eine kleine, feine Ausgabe des Großbordells Paradise eröffnen. Beretin: „Oben kann man essen, es gibt auch eine Zigarrenlounge und ein Zimmer, in dem der Kunde arbeiten kann. Unten gibt es eine Bar und fünf bis sechs Zimmer für die Damen.“ Rund 2,5 Millionen Euro wolle man in den Umbau des ehemaligen Kinos investieren. Name des Etablissements: Gentlemen’s Club. Das Geschäftsmodell ist dasselbe wie in den Großbordells: Jeder Kunde zahlt zweimal. Der Eintritt (in Stuttgart 79 Euro) geht an Rudloff, das Geld für die sexuelle Dienstleistung können die Damen behalten. Zumindest nach der offiziellen Version. Unklar bleibt, ob im Hintergrund Zuhälter dafür sorgen, dass die Frauen bei Rudloff anschaffen. Oder ob sie es freiwillig tun. Rudloff hat in einem „Bild“-Interview bestätigt, Kontakte zur Rockergang Hells Angels zu haben, die ihr Geld mit Prostitution verdient.

Gebäude gehört Musicalkönig

Das Gebäude an der Strandstraße in Westerland gehört der Familie Deyhle. Rolf Deyhle, der Musicalkönig (ehemals Chef der Stella AG), ist ebenso Stuttgarter wie der Bordellkönig Jürgen Rudloff. Deyhles Immobilienfirma hat auch den Bauantrag eingereicht – über dessen Genehmigung jetzt nahezu jeder auf der Insel unglücklich ist. „Von Prostitution war in dem Antrag keine Rede“, sagt Bürgermeisterin Reiber zur Verteidigung. Ohnehin sei die Kreisverwaltung Nordfriesland dafür zuständig gewesen. Und der habe genehmigen wollen. „Der Sylter Bauausschuss musste nur das gemeindliche Einvernehmen erteilen, und das hat er dann mehrheitlich getan.“ Gerd Nielsen, der SPDFraktionsvorsitzende, vermutet nun: „Die Selbstverwaltung wurde vermutlich nicht richtig informiert oder schlecht beraten.“ Fest steht: „Für Sylt ist das Ganze überhaupt nicht gut, schon allein diese Berichterstattung!“

Für Sylt wäre auch ein weiteres Bordell nicht gut, findet Bürgermeisterin Reiber. Obwohl sie nicht grundsätzlich gegen Bordelle sei. „Wenn Männer spezielle Wünsche haben, dann können sie sie da ausleben“, sagt sie. Aber auf Sylt gebe es keinen Bedarf für eine weitere Einrichtung, schon gar nicht für eine hochpreisige. „Ich kenne meine Urlauber“, sagt Reiber. Ihr sei klar, was passieren würde, wenn Rudloff seinen Club aufmachen würde: „Die Dänen kommen.“ Was also tun? „Noch hat Rudloff keine Konzession für seinen Club, die muss die Gemeinde ausstellen“, sagt sie kämpferisch. „Und mich haben schon sehr viel Bürger angesprochen, die auf die Barrikaden gehen wollen, wenn das Bordell kommt.“

Erst mal kommen Rudloff und Beretin. Montag und Dienstag wollen sie der Insel einen Besuch abstatten. Sicherlich wird der Bordellkönig dann auch über seine „Firmenphilosophie“ sprechen. Das Motto lautet: „Mit einer starken Marke für mehr Transparenz und Sicherheit in die Zukunft.“ Und von dieser starken Marke könne Sylt durchaus profitieren, wird Rudloff vermutlich argumentieren. Wie heißt es doch so schön in seinem firmenphilosophischen Bekenntnis: „Das Paradise ist mit Abstand der größte Kunde der ortsansässigen Getränkehändler seither, und selbst die Hotels und Gaststätten verspüren eine Steigerung ihrer Geschäftstätigkeit.“ Was die Sylter tatsächlich verspüren, wird ihm dann schon die Bürgermeisterin erzählen.