Reden kann jeder. Aber zuhören? Landesbischof Gerhard Ulrich hat die eher seltene Gabe von extrovertierter Darstellungskraft und empathischer Begegnung mit anderen Menschen. Der 62-Jährige, der am Sonntag offiziell in sein Amt als Landesbischof der Nordkirche eingeführt wird, beherrscht sowohl die Kunst brillanten Predigens als auch die Fähigkeit mitfühlenden Zuhörens. Gerade diese Qualitäten haben den gebürtigen Rahlstedter und früheren Schauspielstudenten an die Spitze jener protestantischen Kirche geführt, die seit Pfingsten 2012 die früheren Gebiete Nordelbiens, Mecklenburgs und Pommerns miteinander vereint.

In den Osten reiste Ulrich, der Sohn eines Polizeibeamten, nie als Besser-Wessi. Er kam als einer, der verstehen will. Bis heute. Er will verstehen, wie es sich ohne Religion und Gott lebt. Er will hören, was die Menschen von der Kirche erwarten. Und er will Mut machen. Es ist ein fröhlicher Landesbischof, der da im Schweriner Dom mit Gottes Segen sein Amt antritt. Jahrelang hat er als Schleswiger Bischof und später als Vorsitzender der nordelbischen Kirchenleitung den Fusionsprozess begleitet. Er hat Zaudernde und Zögernde mit Argumenten, mit seiner optimistischen Einstellung und mit Gottvertrauen überzeugt. „Inzwischen ist die Fusion zu einem Vorbild in der Gesellschaft geworden“, sagt er. Und verspricht: „Die neue Nordkirche wird sich nicht in die Sakristei zurückziehen.“