Wie Lauenburger in der Elbeflut um ihr Haus kämpfen

Lauenburg. Das Wasser kam unaufhaltsam. Erst lief es in den Keller, füllte ihn bis unter die Decke. Dann sprudelte es auch mit hohem Druck aus der Kanalisation. Mitten in der Nacht mussten Anja Laut, 47, und Boris Krohn, 46, Hals über Kopf ihr Haus in der Lauenburger Elbstraße verlassen. Jetzt bangen die Hamburger um ihre neue Heimat, die sie sich in Lauenburg gesucht haben. Die Rekordflut der Elbe, für viele Deutsche nur ein Fernsehereignis, ist für das Ehepaar zu einem existenziellen Problem geworden.

Am Dienstagnachmittag strömte das Wasser ungehindert in die Altstadt der 12.000-Einwohner-Stadt und floss immer höher durch die malerischen Gassen - auch auf den mit Sandsäcken geschützten Hauseingang von Laut und Krohn zu. Die Hamburger konnten nur tatenlos zusehen. Die Feuerwehr hatte das Pumpen längst aufgeben müssen. Zu stark ist der Druck des Hochwassers.

Vor sieben Jahren hatte Krohn, der als Journalist in Hamburg arbeitet, die Stadt am schleswig-holsteinischen Elbufer für sich entdeckt. Sein heutiges Haus ist schon das zweite, das er in dem pittoresken Ort gekauft hat. "Uns hat damals die Besitzerin, eine alte Dame, angerufen und uns gefragt, ob wir ihr Haus erwerben wollen", sagt er. Sie hatte gesehen, mit wie viel Liebe das Ehepaar seinen ersten Wohnsitz renoviert hatte. Inzwischen haben die beiden eine fünfstellige Summe in das Gebäude aus dem Jahr 1834 gesteckt. "Wir haben uns so viel Mühe gegeben. Jetzt hoffen wir, dass das nicht alles vergebens gewesen ist", sagt Krohn.

Was er tun konnte, hat er getan. Die Möbel im Erdgeschoss stehen auf Böcken, technische Geräte, der Fernseher oder die Hi-Fi-Anlage, sind in den ersten Stock gebracht. Krohn allein hat 500 Sandsäcke, die ihm die Feuerwehr auf Paletten vor die Haustür stellte, eigenhändig aufgeschichtet. Doch am Dienstag wurde mit dem auf mehr als 9,60 Meter steigenden Pegel wieder ungewiss, ob dies reichen wird. "Da fühlt man sich hilflos", sagt Krohn.

Immerhin: Schon wenige Tage bevor die gefährdeten Häuser in der Altstadt evakuiert wurden, hatte ihm ein Handwerker aus der Stadt ein Ersatzquartier angeboten. Heizungsbauer- und Klempnermeister Tobias Reinert, 33, und seine Lebensgefährtin Jessica Schlatmann stellten dem Ehepaar Krohn ihre gerade renovierte Ferienwohnung zur Verfügung. "Natürlich kostenlos, weil wir finden, dass man sich in Lauenburg gegenseitig helfen muss", sagt Schlatmann. Die Hilfe war für sie selbstverständlich, auch wenn sie die Neubürger aus Hamburg nur als ihre Kunden kannten.

Die Elbe wird die Altstadt von Lauenburg wohl noch einige Zeit in ihrer Gewalt behalten. "Wir rechnen mit harten Tagen beim Aufräumen, wenn wir wieder ins Haus dürfen", sagt Krohn und hofft doch, dass er die Sanierung nicht von Neuem beginnen muss. Gerade erst hatte das Ehepaar die Terrasse wieder so hergerichtet, wie sie einmal vor mehr als 100 Jahren war.

Verlassen wollen die beiden die Stadt aber auf keinen Fall. Sie lieben es, im pulsierenden Hamburg zu arbeiten, aber jeden Abend geht es wieder zurück ins beschauliche Lauenburg. "Wir bleiben hier! An der Elbe sitzen und auf das Wasser zu schauen - es gibt nichts Schöneres", sagt Krohn. "Auch wenn der Fluss manchmal garstig zu uns ist."