A 20 hat für das Unternehmen Vorteile – doch gegen die Staugefahr sollen Garantien für den Ausbau einer Kreuzung in Bad Segeberg her.

Bad Segeberg/Kiel. Nicht nur Naturschützer klagen gegen den Bau der Autobahn 20 in Schleswig-Holstein. Wie erst jetzt bekannt wird, ist auch ein renommiertes Unternehmen vor Gericht gezogen: Möbel Kraft in Bad Segeberg. "Ja, wir klagen", bestätigt Gunnar George, der Geschäftsführer des Möbelriesen. "Wir wollen zwar die Autobahn, aber wir wollen auch, dass zeitgleich mit der A 20 die Straßenkreuzung ausgebaut wird, die im Ort zu unserem Möbelhaus führt. Der Kunde kommt nicht wieder, wenn er einmal im Stau steht." Und weiter: "Wenn wir uns mit dem Land vorher darauf geeinigt hätten, dass das Geld für die Kreuzung zeitgleich fließt, dann hätten wir nicht geklagt. Das habe ich meinem Freund Torsten Albig auch gesagt."

Torsten Albig (SPD), der schleswig-holsteinische Ministerpräsident, hatte sich in der vergangenen Woche bei einem Auftritt vor Unternehmern aus Norddeutschland über den schleppenden Fortschritt beim Bau der A 20 beklagt. "Die Autobahn ist das wichtigste Infrastrukturprojekt im Land", sagte er.

In der Tat gleicht die Straße, die in Zukunft den Osten Europas mit dem Süden verbinden soll, in Sachen Baufortschritt eher einer Schneckenbahn. In Schleswig-Holstein sind erst rund 22 Kilometer fertig. Die befahrbare Strecke reicht von der A 1 bei Lübeck bis zu dem Dörfchen Weede am Rand von Bad Segeberg.

Der im Westen anschließende, an Bad Segeberg vorbeiführende und die A 21 kreuzende Abschnitt ist rund zehn Kilometer lang. Sechs Jahre lang, von 2006 bis 2012, dauerte allein das Planfeststellungsverfahren. Im vergangenen Jahr hätte dann mit dem Bau begonnen werden sollen. Eigentlich, denn der Bund hatte das Geld bereits bewilligt. Doch dann kamen die Klagen, sieben an der Zahl. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nun darüber zu entscheiden, ob die Einwände der Kläger berechtigt sind. Voraussichtlich wird das in diesem Sommer geschehen. Das Ziel der Landesregierung ist es, bis 2017 wenigstens die noch fehlenden 30 Kilometer von Weede bis zur Kreuzung mit der A 7 fertig zu bauen.

Bis dahin bleibt die A 20 eine Straße, die im Nichts endet. Dabei hätte sie für Möbel Kraft durchaus Vorteile. Das Haus läge im Fadenkreuz zweier Autobahnen: Die eine führt von Ost nach West, die andere von Nord nach Süd. Eine bessere verkehrliche Anbindung ist für ein Möbelhaus wohl kaum denkbar. "Wir sind Befürworter und Unterstützer des Baus", sagt deshalb auch der Möbel-Kraft-Geschäftsführer Gunnar George.

Ist es da sinnvoll, die A 20 mit einer Klage zu verzögern? "Es sind ja auch noch andere vor Gericht gegangen", sagt George. "Das ist nicht hauptsächlich unsere Klage, die das verzögert."

In der Wirtschaft kommt das Verhalten des Möbelriesen nicht gut an. "Das ist nicht besonders glücklich", sagt Bernd Jorkisch, der Vizepräses der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck. Werde die A 20 gebaut, sei Kraft über zwei Autobahnen erreichbar: "Besser geht es doch gar nicht." Jorkisch: "Es ist schade, dass es diese Einwände gibt."

Der Bad Segeberger Bürgermeister Dieter Schönfeld hat nur bedingt Verständnis für das Verhalten seines besten Steuerzahlers. "Das Symbol, das von einer Klage ausgeht, ist nicht gut. Ich teile auch die Interessen nicht, die dahinterstehen." Er habe in Gesprächen versucht, das Unternehmen vom Gang vor das Verwaltungsgericht abzubringen. "Es ist mir leider nicht gelungen", sagt er. "Kippt der Planfeststellungsbeschluss, entstünde eine für Segeberg unerträgliche Situation." Denn die neue Autobahn würde endlich die Segeberger Innenstadt vom Verkehr entlasten, weil sie als Umgehungsstraße fungieren könnte. Schönfeld ist überzeugt, dass davon auch Möbel Kraft profitieren würde. Ohnehin sucht die Firma, die seit 2004 zum Möbelimperium des Berliner Unternehmers Kurt Krieger gehört (Möbel Höffner), beim Bau neuer Filialen stets die Nähe zur Autobahn. In diesem Jahr soll mit dem Bau einer Kraft-Filiale in Kiel begonnen werden - direkt an der A 215. 2011 eröffnete Krieger eine Höffner-Filiale in Hamburg-Eidelstedt - direkt an der A 7. Es ist das zweite Höffner-Haus im Großraum Hamburg, das erste steht in Barsbüttel (Kreis Stormarn). Selbstverständlich direkt an einer Autobahn, in diesem Fall an der A 1. Krieger hat damals die Anschlussstelle auf eigene Kosten bauen lassen - so wichtig war ihm die direkte Zufahrt.

Der Zeitung "Die Welt" hat er unlängst in einem Interview geschildert, wie er an die begehrten Grundstücke in Autobahnnähe herankommt. "Wenn Sie als Unternehmer etwas wollen, fragen die Gemeinde oder Stadt immer nach einem Nutzungszugewinn. Irgendwie klappt das dann." Im Fall Möbel Kraft ist es nun offenbar umgekehrt: Der Staat will etwas, und der Unternehmer fragt nach dem "Nutzungszugewinn".