Bundespräsident Joachim Gauck mahnt im Gedenken an die Leidtragenden rechtsextremistischer Krawalle in Rostock eine “wehrhafte Demokratie“ an.

Rostock. Bundespräsident Joachim Gauck hat in Rostock eine wehrhafte Demokratie angemahnt. "Demokratie muss wehrhaft sein und darf sich das Gewaltmonopol nicht aus der Hand nehmen lassen", sagte Gauck am Sonntag in Lichtenhagen bei der zentralen Gedenkkundgebung zum 20. Jahrestag der fremdenfeindlichen Krawalle in Rostock-Lichtenhagen. Zu der Eskalation hatten 1992 ein völlig unzureichendes Polizeiaufgebot und eine überforderte Polizeiführung beigetragen.

Gauck, dessen Rede von Zwischenrufen Linksautonomer gestört wurde, betonte, dass Rechtsextremisten heute eine breite Front gegenüberstehe: "Wir versprechen euch, wir fürchten euch nicht. Wo ihr auftretet, werden wir euch im Wege stehen." Der von ihnen verbreitete Hass dürfe als Mittel der Konfliktlösung niemals geduldet werden. "Wenn Hass entsteht, wird nichts besser, aber alles schlimmer."

Gauck warb erneut für ein friedliches Miteinander. Noch entzündeten sich bei Menschen in Deutschland mitunter Ängste an fremden Kulturen und Religionen, vor allem bei muslimischen Zuwanderern. "Aber Konflikte sind im gegenseitigen Respekt zu lösen", forderte Gauck. "Zur Lösung gehört, sich darüber klar zu werden, dass unser Land inzwischen ein Einwanderungsland geworden ist."

Der Bundespräsident forderte auch einen menschenwürdigen Umgang mit Ausländern. Die im Grundgesetz festgeschriebene Unantastbarkeit der Menschenwürde sei an keine Bedingungen, auch nicht an Hautfarbe oder Pass gebunden, sagte Gauck vor gut 2000 Zuhörern bei der Gedenkveranstaltung. An diesen Grundsatz habe im Juli auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Asylrecht erinnert. "Ein menschenwürdiges Existenzminimum steht jedem Menschen in Deutschland zu - also auch Asylbewerbern", sagte er.

Die zentrale Gedenkveranstaltung gilt als Höhepunkt der mehrtägigen Reihe von Kundgebungen, Diskussionen und Konzerten.

+++ Rostock-Lichtenhagen: Ein Leben nach der Angst +++

Eine Baumpflanzaktion war von der Stadt initiiert worden, wegen der Auswahl einer Eiche aber umstritten. Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) verteidigte die Wahl: "Wir haben uns vom Symbol der Friedenseiche inspirieren lassen." Kritik an der Aktion hat ein antifaschistisches Bündnis geübt: "Wir sind konsterniert darüber, denn die Eiche ist seit dem Kaiserreich ein Symbol des deutschen Militarismus", sagte ein Bündnis-Sprecher.

Im August 1992 hatten rechte Randalierer in Lichtenhagen tagelang ein Asylbewerberheim belagert und unter dem Applaus von Rostockern Steine und Brandsätze auf ein Ausländerwohnheim geworfen. Die Ereignisse zählen zu den schlimmsten fremdenfeindlichen Übergriffen in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Mit Material von dpa