Landwirte klagen über geringe Erlöse, die die steigenden Kosten für Futter und Energie nicht decken. Immer weniger Betriebe in Niedersachsen.

Hollenstedt. "Weitere Anstiege zu neuen Höchstpreisen." Das vermeldete gestern die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), die im niedersächsischen Damme zu Hause ist. In Euro und Cent ausgedrückt: 1,83 Euro pro Kilogramm bringt ein Schwein aktuell auf dem Schlachtmarkt, gut 20 Cent mehr als noch vor einigen Wochen.

Doch die Landwirte haben auch angesichts dieser scheinbar guten Nachricht keinen Grund zum Jubeln. "Die Futtermittelkosten sind ebenfalls sehr stark gestiegen", sagt Matthias Quaing, Marktreferent der Interessengemeinschaft, "die Bilanz ist deshalb negativ." Dass auch Energie immer teurer wird, macht den Landwirten zusätzlich zu schaffen.

Besonders kritisch ist die Lage für viele der sogenannten Ferkelerzeuger. Das sind jene Landwirte, die Zuchtsauen halten, um deren Junge dann - meist im Alter von zwölf Wochen - an ihre Kollegen mit Aufzuchtbetrieben zu verkaufen. "Die Notierungen für Ferkel sind ganz, ganz niedrig, kaum in der Gewinnzone", sagt Gabi von der Brelie, Sprecherin des Landvolks Niedersachsen, in Hannover. "Es ist erstaunlich, dass die Ferkelerzeuger noch durchhalten." ISN-Marktreferent Quaing spricht gar von einem Minusgeschäft: "Ein 25 Kilogramm schweres Tier bringt etwa 45 Euro. Ein Ferkel zu produzieren kostet aber 65 bis 70 Euro."

Werner Maß, Geschäftsführer des Landvolk-Kreisverbands Lüneburger Heide Harburg/Soltau-Fallingbostel, spricht von einer "ungenügenden Erlössituation" für die Betriebe, die Schweine halten. Im Landkreis Harburg gebe es noch 26 Sauenhalter für die Ferkelproduktion, im Landkreis Soltau-Fallingbostel seien es etwa 60. Maß schätzt, dass es vor zehn Jahren in beiden Regionen zusammen etwa 150 gewesen seien, beinahe doppelt so viele wie heute. "Preise schlecht, Futter teurer - da steigen viele aus der Sauenhaltung aus", sagt Maß. Oft seien auch die Kinder nicht bereit, den elterlichen Hof fortzuführen.

Die Betriebe, die es noch gibt, werden immer größer. Jens Aldag, Ferkelerzeuger aus Wenzendorf in der Samtgemeinde Hollenstedt (Landkreis Harburg), führt einen von ihnen. Er hat den Hof von seinen Eltern übernommen und sich ganz bewusst für Ferkelproduktion entschieden. 700 Sauen stehen in seinem Stall. Laut Statistischem Bundesamt gehört Aldag damit zu der bislang nur drei Prozent großen Gruppe, die 500 und mehr Schweine halten. "Das aktuelle Problem besteht darin, dass die Futterkosten sehr hoch sind", sagt er. "Das ist ein Termingeschäft, ein Börsengeschäft, und es schlägt sich eins zu eins im Preis nieder."

Der 37-Jährige legt großen Wert darauf, kein sich selbst bedauernder Landwirt zu sein. Er hat mit seiner Frau Carmen, 36, vor wenigen Jahren in einen hochmodernen Zuchtstall investiert, der auch den vom kommenden Jahr an geltenden verschärften Tierschutzbestimmungen entspricht. Unter anderem haben alle Schweine Chips mit Transpondern im Ohr, mithilfe derer ihnen in sogenannten Abrufstationen das Futter zugeteilt wird. "Auf diese Art und Weise kann das Schwein abgeschirmt von den anderen in aller Ruhe fressen", sagt Aldag.

Solch moderne Anlagen haben längst nicht alle Kollegen. "Mancher unter ihnen müsste jetzt investieren, blickt aber vielleicht auf nicht so gute Jahre zurück", sagt Aldag. Mit der Investition in seinen neuen Stall - über die Höhe des finanziellen Einsatzes spricht Aldag nicht - habe er sich "auf lange Zeit" auf Ferkelerzeugung festgelegt. Der Hof hat allerdings noch andere "Standbeine".

Die Produktion einfach auszusetzen, wenn die Ertragslage sich gerade mal nicht so rosig darstellt, können Ferkelzüchter jedenfalls nicht. Matthias Quaing, der ISN-Marktreferent, erklärt: "Von der Belegung (Besamung) einer Sau bis zum Verkauf des Ferkels vergeht ein halbes Jahr. Das heißt, der Landwirt kennt zu Beginn der Produktion noch nicht die Preise, die er für seine Ferkel wird erzielen können. Er weiß nur, dass er sie verkaufen muss." Und Jens Aldag sagt: "Wenn ich nicht belege, dann habe ich ein halbes Jahr später nichts." Das mit der Ferkelzucht, sagt er, sei wie mit einem großen Tanker auf dem Meer: Einmal in Fahrt, ist er schwer anzuhalten.

Wie die Landwirte wieder bessere Preise für ihre Tiere erzielen könnten - darauf weiß auch ISN-Marktreferent Quaing keine Antwort. Was ihm missfällt, sind die Fleischpreise bei den Discountern. Er fordert: "Die Wertschätzung für Fleisch muss wieder steigen."