Enge Bebauung und weniger Bauernhöfe: Um mehr Nistplätze zu schaffen, hat der Landkreis Lüneburg nun eine Aktion ins Leben gerufen.

Lüneburg. Auch wenn man sie vielerorts am Himmel sieht: Die Schwalbe, einer der beliebtesten Singvögel Deutschlands, ist bedroht. "Der Bestand von Ufer-, Rauch- und Mehlschwalben ist in ganz Norddeutschland rückläufig", sagt Marco Sommerfeld vom Nabu Hamburg. Das liege vor allem an den veränderten Lebensbedingungen der Menschen. In vielen Gegenden wird es für Schwalben immer schwieriger, Nistmöglichkeiten zu finden, weil Häuser zu dicht gebaut sind und keine Vorsprünge mehr haben. Auch in Ställen können Schwalben nicht mehr brüten, weil kleine Bauernhöfe durch große Industriebetriebe abgelöst wurden. "Die sind oft vollkommen abgeschlossen, die Schwalben können nicht mehr durch geöffnete Fenster hineinfliegen", sagt Marco Sommerfeld.

Um etwas gegen den Rückgang der Schwalbenpopulation zu unternehmen, hat der Landkreis Lüneburg nun die Aktion "Schwalbenfreundliche Häuser" gestartet. Bei dieser Aktion können Bürger die Schwalbennester an ihren Häusern fotografieren und unter www.lueneburg.de/schwalbenaktion ins Internet stellen. Als Dankeschön bekommen sie die Plakette "Schwalbenfreundliches Haus" und eine Einladung zum Empfang mit Landrat Manfred Nahrstedt. In anderen Landkreisen gab es ähnliche Aktionen, durchgeführt wurden sie unter anderem vom Naturschutzbund (Nabu).

+++ Rote Listen unterscheiden sich +++

50 Bürger haben beim Lüneburger Schwalbenschutz bisher mitgemacht. Einer von ihnen ist Knud Hasselfeld. Wenn der 64 Jahre alte Rentner über die Vögel in seinem Garten spricht, dann leuchten seine Augen. Ein Mauersegler hat bei ihm sein Nest bezogen, Spatzen und Drosseln wohnen in den Bäumen. Ganz oben unter dem Dachvorsprung haben vier Schwalbenpaare ihr Zuhause gefunden. "Ich beobachte die Tiere oft mit meinem Fernglas. Es ist ein herrliches Bild, wenn sie ihre Jungen füttern", sagt er.

Knud Hasselfeld hat bereits vier Plaketten für sein schwalbenfreundliches Haus bekommen. Sie hängen an seiner Gartenlaube. "2008 gab es die Aktion in Lüneburg das erste Mal, seitdem habe ich jedes Jahr mitgemacht", erzählt er. Die Vögel hätten schon damals bei ihm genistet, da habe sich das angeboten. Er möge Schwalben einfach, zudem seien sie Ungezieferjäger. Seine vier Paare aus diesem Jahr sind Mehlschwalben. Sie ziehen schon ihre zweite Brut auf. Die ersten Jungvögel haben bereits vor einigen Wochen das Nest verlassen.

Zusammen mit seiner Frau Christa wohnt der Rentner im Landkreis Lüneburg am Rand von Bleckede. Für Vögel ist sein Garten ein Paradies. Blumen, Bäume und jede Menge Vogelnester - einige haben die Vögel sich selber gebaut, andere hat Knud Hasselfeld für sie aufgestellt. "Die Kunstnester habe ich im Zoohaus gekauft, sie sind aus Beton", erklärt er. Für die frisch geschlüpften Vogelküken sind sie sicherer als die natürlichen Nester. "Wir leben hier nah am Wald, da gibt es Nesträuber wie den Eichelhäher", erklärt Knud Hasselfeld. Die hätten schon oft den Brutplatz zerstört, die Küken hätten dann tot auf der Erde gelegen.

+++ Stimmt es, dass tief fliegende Schwalben schlechtes Wetter ankündigen? +++

Einen dieser Vögel konnte Knud Hasselfeld retten. "Wir haben ihn in einen Vogelkäfig gesetzt und mit der Hand aufgezogen", erinnert er sich. Alle 30 Minuten habe der Vogel mit der Pinzette gefüttert werden müssen. Sogar beim Frühstück war er immer dabei und hat die Krumen gepickt. "Als er dann groß genug war, habe ich ihn auf meinen Finger gesetzt und er ist einfach losgeflogen", freut sich der Rentner.

Er hat schon Hausbesitzer beobachtet, die die Nester von ihren Wänden abschlagen. "Die wollen keinen Vogelkot am Haus", sagt er. Dieses Problem kennt Uli Thüre vom Nabu Niedersachsen. Probleme gebe es wegen des Schmutzes, aber auch wenn Hausbesitzer ihre Hausfassade sanieren wollen. Er stellt klar: "Im Bundesnaturschutzgesetz ist festgeschrieben, dass Schwalbennester nicht zerstört werden dürfen." Um Dreck zu vermeiden, können Hausbesitzer unter dem Nest ein kleines Kotbrett anbringen. Werden bei Fassaden- und Dacharbeiten Nester zerstört, müssen künstliche Nisthilfen als Ersatz angebracht werden. Der Nabu rät, sich vor Beginn der Bauarbeiten mit der zuständigen Naturschutzbehörde in Verbindung zu setzen.

Anfang September fliegen die Schwalben wieder in den Süden. Dann wird Knud Hasselfeld die Nester von seinem Haus abnehmen und reinigen. "Ich fege sie aus, damit die Schwalben nächstes Jahr auch wiederkommen", erklärt er. Bisher hätten sie das immer getan.