Teil 3: Das Ehepaar Lohmeyer aus Jamel nahe Wismar organisiert das Musikfestival “Jamel rockt den Förster“ gegen Rechtsextremisten.

Jamel. Das hatte sich Horst Lohmeyer damals ganz anders vorgestellt. Im Jahr 2004 kaufte der heute 54-Jährige zusammen mit seiner Frau Birgit, 52, einen alten Forsthof in dem Örtchen Jamel nahe Wismar (Kreis Nordwestmecklenburg). Traumhaft schön ist es hier, es gibt einen See, alte Linden und Ahornbäume. Doch die Idylle trügt: Jamel ist weitgehend in der Hand von Neonazis.

Den Nachbarn von rechtsaußen passten die Zugezogenen aus Hamburg-St.-Pauli überhaupt nicht ins Dorf- und Weltbild - und das ließen sie sie spüren. "Verpisst euch!" ist noch das Harmloseste, was Lohmeyers zu hören kriegen. "Es ist wie in einem schlechten Film", sagt Lohmeyer. Mehrere Anwohner, die andere Meinungen vertreten als die ansässigen Rechtsextremisten, wurden eingeschüchtert, bedroht, vertrieben.

Lohmeyers blieben. Trotz aller Anfeindung. Tierkadaver wurden über ihren Zaun geworfen. Einmal lag eine tote Ratte in ihrem Briefkasten, ein anderes Mal kippten ihnen Unbekannte eine Fuhre Mist vor den Gartenzaun. "Das müssen wir aushalten", sagt Lohmeyer.

Auch, dass die Polizei Anfang 2011 bei einem Nachbarn eine Maschinenpistole mit 200 Schuss Munition fand. Der Abrissunternehmer, ein bekannter NPD-Aktivist, wurde wegen Hehlerei und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

"Das hat an unserer Situation im Dorf allerdings nichts geändert", betont Lohmeyer. "Im Gegenteil: Demnächst werden zwei weitere Neonazis aus Lübeck zuziehen, und die Aggressivität uns und unseren Gästen gegenüber ist deutlich angewachsen." Lohmeyers renovieren nach und nach das alte Forsthaus, haben darin eine gemütliche Ferienwohnung eingerichtet. Horst Lohmeyer ist Musiker, Gitarrist, spielt in verschiedenen Bands Tanzmusik und Bluesrock. Birgit Lohmeyer schreibt in ihrer Freizeit Krimis.

Und sie veranstalten Konzerte. "Jamel rockt den Förster" findet seit einigen Jahren im August statt. Es ist nicht einfach ein Musikfestival. Es ist Lohmeyers Beitrag, um den Neonazis zu zeigen, dass diese nicht die Alleinherrschaft über Jamel haben.

Für ihren Mut und ihr Engagement wurden Lohmeyers mehrfach ausgezeichnet. Vor vier Jahren gab es einen Preis der SPD Nordwestmecklenburg. Dem folgte eine Auszeichnung des bundesweiten Bündnisses für Toleranz und Demokratie, im Mai 2011 erhielten sie den Paul-Spiegel-Preis vom Zentralrat der Juden und im September den Bürgerpreis der Deutschen Zeitungen, dotiert mit 20.000 Euro. Mit dem Geld finanzieren die Lohmeyers Band-Gagen und Bühnentechnik - von den niedrigen Eintrittsgeldern allein können sie das Festival nicht finanzieren.

Bis heute haben viele potenzielle Gäste Angst, nach Jamel zu kommen. Lohmeyer bleibt optimistisch: "Wir machen viele kleine Schritte, doch ein schlechter Ruf hält sich sehr lange."