Speicherwerk Geesthacht und andere Öko-Anlagen in Norddeutschland sollen Windstrom bunkern

Geesthacht. In Norddeutschland läuft die Energiewende an. Gestern wurde das betagte Pumpspeicherkraftwerk (PSW) in Geesthacht offiziell wieder in Vollbetrieb genommen. In den nächsten Jahren sollen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen weitere Speicherwerke gebaut und Unterseekabel gezogen werden, um die Lieferschwankungen der Windenergie auszugleichen und so die Stromversorgung auch bei Flaute zu sichern.

"Ohne solche Speicher klappt die Energiewende nicht", sagte Kiels Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) im PSW Geesthacht. Das größte Speicherwerk in Norddeutschland war in den vergangenen zehn Jahren kaum in Betrieb, weil Schleswig-Holstein für die Nutzung des Elbwassers eine üppige Abgabe (0,77 Cent je Kubikmeter) verlangte. Erst im Herbst senkte der Kieler Landtag die Oberflächenwasserentnahmeabgabe auf ein Zehntel. "Dadurch können wir unsere Anlage wieder vollumfänglich als Energiespeicher nutzen", sagte der Leiter der Wasserkraftsparte bei Vattenfall, Gunnar Groebler. Das PSW sei das einzige Werk in Norddeutschland, in dem Strom aus erneuerbaren Energien in großem Umfang gespeichert werden könne. Ob Vattenfall den Wunsch der Landesregierung erfüllt, in Geesthacht ein weiteres Speicherbecken anzulegen, ließ er offen.

Das PSW (120 Megawatt), das 1958 gebaut wurde, arbeitet nach einem einfachen Prinzip. Bei einem Überschuss von (Wind-)Strom wird Elbwasser durch drei dicke Rohre in ein Speicherbecken gepumpt. Es liegt auf dem 80 Meter hohen Elbhang, fasst bis zu 3,2 Milliarden Liter Wasser und ist spätestens nach neun Stunden gefüllt. Bei Flaute oder Verbrauchsspitzen fließt das Wasser hangabwärts durch Turbinen und kann in fünf Stunden insgesamt 600 Megawattstunden Strom erzeugen.

Ein ähnlich großes Speicherkraftwerk ist in Lägerdorf (Steinburg) geplant. Dort sollen bis zu 3,3 Milliarden Liter Wasser aus einer Kiesgrube durch einen Stollen in eine 80 Meter tiefer gelegene Grube fließen. Ob das Projekt sich rechnet, prüfen der Energieversorger E.on und der Baustoffkonzern Holcim derzeit noch in einer Studie.

In Niedersachsen gibt es in Erzhausen bei Göttingen ein großes PSW mit 220 MW Leistung. Das Oberbecken mit 1,5 Milliarden Litern Wasser liegt fast 300 Meter über dem Kraftwerk. Die Harzer Wasserwerke GmbH bewirtschaftet die sechs großen Talsperren in dem Mittelgebirge, die zusammen 182 Milliarden Liter Wasser speichern können. Das Unternehmen hat aktuell keine konkreten Pläne, ein neues PSW zu bauen. Das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) in Goslar hat unterdessen eine Machbarkeitsstudie vorgelegt und vorgeschlagen, in alten Erzbergwerken die ersten unterirdischen Speicherwerke in Deutschland einzurichten.

In Deutschland können alle Pumpspeicherkraftwerke zusammen derzeit über einige Stunden etwa 7000 MW leisten. Nach Einschätzung der Deutschen Energie-Agentur (Dena) reicht das bei Weitem nicht aus, um angesichts des rasanten Ausbaus der Windenergie die Stromversorgung stabil zu halten. Schleswig-Holstein und Niedersachsen setzen deshalb auf jeweils ein großes Stromkabel, die ins Wasserkraftland Norwegen führen sollen.

Initiator der beiden Kabelprojekte ist der norwegische Staatsbetrieb Statnett. Das Planfeststellungsverfahren für das Milliarden-Euro-Kabel nach Büsum und weiter nach Brunsbüttel soll Ende Januar anlaufen, das für das 600-Kilometer-Kabel nach Niedersachsen (ebenfalls 1400 MW) bis Ende 2012. Bis der erste Strom nach Norwegen fließt oder bei Bedarf wieder in das hiesige Netz eingespeist wird, dürfte es noch einige Jahre dauern. Das Schleswig-Holstein-Kabel wird frühestens 2016 fertig, das Niedersachsen-Kabel erst zwischen 2018 und 2021.

Auch Hamburg will sich verstärkt der Speicherung von regenerativen Energien widmen und Millionenbeträge investieren. Unter anderem soll für fünf Millionen Euro eine Demonstrationsanlage zur Herstellung von Wasserstoff oder Methan mit Strom in Hamburg gebaut werden. Um die Speicherkapazitäten möglichst schnell zu steigern, soll am schon bestehenden Kraftwerk Tiefstack ein Wärmespeicher eingebaut werden.