In Berne an der Weser tauft Greenpeace die “Rainbow Warrior III“. Nächstes Wochenende ist das Schiff in Hamburg zu besichtigen.

Berne. Veteranen aus den Anfangsjahren waren dabei und Aktivisten von heute - so wie Melina Laboucan Massimo, eine kanadische Cree-Indianerin, die für Greenpeace gegen Ölverschmutzung kämpft. Im niedersächsischen Berne in der Wesermarsch aber hatte sie am Freitag eine andere Aufgabe übernommen: Sie war Taufpatin für das neue Kampagnenschiff der Umweltorganisation. Bei Sonnenschein und blauem Himmel warf sie am frühen Nachmittag an der Fassmer-Werft eine Champagnerflasche an den grünen Rumpf des 58 Meter langen Schiffs mit den ungewöhnlich gespreizten Segelmasten. "Rainbow Warrior III" - so soll der motorisierte Zweimaster heißen, der künftig weltweit für Greenpeace im Einsatz sein wird und dabei auch neue, umweltfreundliche Techniken in der Schifffahrt demonstrieren kann. "Das neue Schiff ist das Versprechen, dass wir uns auch weiterhin für eine grüne und friedliche Zukunft einsetzen", sagte Kumi Naidoo, Geschäftsführer von Greenpeace International, der dort bei dem klarem, aber kühlen Herbstwetter am Weserufer in offener grüner Jacke und T-Shirt sprach.

"Für uns hat dieses Schiff schon eine große Bedeutung", sagt auch der Sprecher von Greenpeace Deutschland, Patric Salize. Zum einen ist es der erste wirkliche Neubau, den die vor 40 Jahren gegründete Umweltorganisation in Auftrag gegeben hatte. "Und", so Salize, "es ist vor allem eine Tradition, die wie hiermit weiterführen können."

Eine Tradition, die Greenpeace wohl erst zu seiner heutigen Bedeutung verholfen hat. Zwar waren auch die ersten Greenpeace-Aktivisten schon mit umgebauten Trawlern oder Segelbooten unterwegs, doch die erste grüne "Rainbow Warrior" begründete den eigentlichen Ruf der Regenbogen-Krieger. 1978 hatte Greenpeace das ehemalige Fischerei-Forschungsschiff gekauft. Es erhielt den grünen Rumpfanstrich mit den Regenbogenfarben. "Rainbow Warrior" - der Name lehnte sich an einer Legende an. Danach prophezeite eine Indianerin einem kleinen Jungen, dass dereinst, wenn die Erde verwüstet und die Tiere tot sein werden, ein neuer Stamm kommen werde. Ein Stamm, dem Menschen vieler Hautfarben, Klassen und Religionen angehören werden. Und sie würden die Erde wieder grün machen. Ihr Name: Regenbogen-Krieger, "Warriors of the Rainbow".

Für den 1955 gebauten Kutter wurden Namen und Legende zum Programm: Schon 1978 lief die "Rainbow Warrior" für eine Kampagne gegen isländischen Walfang aus und wurde mit Harpunen wütender Fischer beschossen. In Frankreich demonstrierte Greenpeace mit dem Schiff gegen Atommüll-Exporte aus Japan, ein französisches Marineschiff rammte es absichtlich. Auf der Nordsee war die "Rainbow Warrior" schließlich gegen Verklappung von chemischem Müll im Einsatz - mit Erfolg, zwei Jahre später stellte das Unternehmen Bayer die Verklappung ein. Gegen Robbenjagd wurde der segelnde Kutter eingesetzt, gegen Treibnetzfischerei und gegen illegalen Walfang. 1984 setzten die Regenbogen-Krieger schließlich die Segel, um im Pazifik gegen Atomtests zu demonstrieren. Unter anderem gegen Versuche der Franzosen auf dem Moruroa-Atoll. Und hier gelangte das Schiff zu weltweit trauriger Berühmtheit - die letztlich Greenpeace verändern sollte, der Organisation enorme Beachtung brachte. Es war kurz vor Mitternacht am 10. Juli 1985 im Hafen von Auckland, als plötzlich eine Explosion das Schiff erschütterte. Durch ein großes Loch am Maschineraum drangen enorme Mengen Wasser ein. Kapitän Peter Willcox, der schon geschlafen hatte, gab sofort den Befehl zum Verlassen des Schiffs. Greenpeace-Fotograf Fernando Pereira rannte in Richtung Kabine, um seine Kameras zu holen - da explodierte ein zweiter Sprengsatz am Schiffsrumpf. Am nächsten Tag wurde Pereira von Tauchern tot aus dem gesunkenen Wrack geborgen. Schnell geriet der französische Geheimdienst in Verdacht, und tatsächlich wurden zwei Agenten verhaftet und verurteilt - aber nach kurzer Zeit wieder entlassen.

Als Nachfolgerin für das versenkte Schiff kam 1989 die "Rainbow Warrior II" zum Einsatz, ein 1957 gebauter Nordsee-Fischtrawler, der in Hamburg zum Motorsegler umgebaut wurde. Der Dreimaster wurde von Greenpeace zunächst gegen Treibnetzfischerei eingesetzt, später auch wieder gegen Atomtests. Wieder kam es dabei zur Konfrontation mit der französischen Marine, die das Schiff kurzerhand enterte und dabei Tränengas einsetzte. Zuletzt war die "Rainbow Warrior II" jetzt vor Japan unterwegs, um nach dem Tsunami und dem Atomunglück bei Fukushima Radioaktivität zu messen.

Im August schließlich übergab Greenpeace das Schiff an die Organisation "Friendship". Unter dem neuen Namen "Rongdhonu", dem bangladeschischen Namen für Regenbogen, soll es als schwimmendes Krankenhaus in Bangladesch Menschen helfen, die dort in unzugänglichen Gebieten schon jetzt unter Auswirkungen der Klimaveränderung leiden, heißt es bei Greenpeace.

Die neue "Rainbow Warrior III" ist unterdessen schon seit Juli im Wasser. Das 23 Millionen Euro teure Schiff war vor allem durch die finanzielle Hilfe von mehr als 100 000 Einzelspendern möglich geworden. "Ein Schiff, das Maßstäbe setzen soll", wie Greenpeace-Sprecher Salize sagt. Fünf Segel mit einer Fläche von 1300 Quadratmetern sollen es im Wesentlichen voranbringen. Gut 14 Knoten kann es damit schaffen - so schnell wie ein langsam fahrender Frachter. Bei schlechten Wetterbedingungen kommen Dieselmotoren zum Einsatz, die über eine Abgasreinigung verfügen. Der Müll wird an Bord getrennt, Trinkwasser aus dem Meer gewonnen und Abwasser auf dem Schiff wieder aufbereitet. Den Rumpf ließ die Umweltorganisation, die inzwischen weltweit 40 Büros unterhält und 1200 Mitarbeiter beschäftigt, in Polen bauen. Ausbau und Ausrüstung wurden schließlich bei der Fassmer-Werft in Berne an der Weser vorgenommen. Viel Hightech ist dabei, modernste Kommunikationsanlagen und sogar ein Hubschrauber-Landeplatz. Ein Kampagnenschiff der Zukunft - aber auch die Fortführung einer Legende.

Auf ihrer Jungfernfahrt wird die "Rainbow Warrior III" in der kommenden Woche am 20. Oktober nach Hamburg kommen und gegen 10 Uhr an der Überseebrücke festmachen. Am Wochenende, 22. und 23. Oktober, besteht jeweils von 10 bis 16 Uhr die Möglichkeit, das Schiff zu besichtigen.