Norddeutsche Pädagogen befragt. Viele fühlen sich überlastet. Aber guter Verdienst

Hamburg/Lüneburg. Immer mehr Lehrer sehen ihren Schulalltag als große Belastung. Noch nicht einmal jeder zweite Pädagoge glaubt daran, die gesetzliche Pensionsgrenze zu erreichen. Das zeigt eine von der Krankenkasse DAK in Auftrag gegebene Umfrage der Leuphana-Universität Lüneburg in norddeutschen Bundesländern.

"Zeitdruck, fehlende Erholungspausen und große Leistungsunterschiede bei den Schülern belasten die Lehrer am meisten", sagt Cornelius Erbe von der DAK. Befragt wurden 1300 Lehrer an 29 Schulen, auch in Hamburg. Auffällig: Besonders Lehrer an Grundschulen sehen ihre Zukunft ausgesprochen negativ. Nur 17,9 Prozent glauben, angesichts des Stresses bis zur Pensionsgrenze durchhalten zu können. An Förderschulen sind es 27,1 Prozent, an Haupt- und Realschulen 29,9 Prozent und an Gymnasien 37,7 Prozent. Besser fühlen sich Pädagogen an Berufsschulen und Gesamtschulen: Hier halten zum Teil mehr als 50 Prozent der Lehrer ein Erreichen der normalen Altersgrenze für möglich.

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes erreichten 2009 rund 40 Prozent der Lehrer die Regelaltersgrenze von 65 Jahren. Elf Prozent hätten einen Antrag auf Frühpensionierung mit 60 gestellt, teilte ein DAK-Sprecher mit.

Am stärksten leiden die Lehrer der Studie zufolge darunter, dass sie nach der Arbeit nicht abschalten können. Jeder Dritte sei emotional hoch beansprucht, fühle sich "wie ein Nervenbündel" oder reagiere ungewollt gereizt. "Emotionale Beanspruchungen treten häufiger an Schulen auf, an denen die Schulleitung weniger mitarbeiterorientiert ist und es Unstimmigkeiten oder Streit mit dem Kollegium gibt", erläuterte Projektleiter Prof. Lutz Schumacher von der Leuphana-Universität.

Die EU-Kommission rief die Mitgliedstaaten zum heutigen Tag des Lehrers auf, den Beruf des Pädagogen attraktiver zu machen. Dazu gehöre auch eine angemessene Entlohnung. In vielen Ländern seien Lehrer im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen unterbezahlt, sagte Bildungskommissarin Androulla Vassiliou. Dies betreffe nicht nur Entwicklungsländer oder osteuropäische Staaten, sondern zum Beispiel auch Spanien, Irland, Italien und Schweden.

Deutsche Lehrer verdienen allerdings besser als viele ihrer Kollegen in Europa. Laut der Studie der EU-Kommission erhält ein Grundschullehrer in Deutschland zwischen 38 200 Euro und 51 400 Euro im Jahr - je nach Berufsalter. In der Mittelstufe (Sekundarstufe I - Klassen fünf bis zehn) liegt der Verdienst zwischen 42 200 und 57 900 Euro, in der Oberstufe (Sekundarstufe II - Klassen 11 bis 13) sind es zwischen 45 400 und 64 000 Euro. Dafür müssen deutsche Lehrer auch mehr Unterrichtsstunden geben und haben häufig größere Klassen zu betreuen als viele ihrer ausländischen Kollegen.

Der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, kritisierte die hohen Besoldungsunterschiede bei den Schulformen: "Wir wollen eine gleiche Bezahlung aller Lehrer für gleichwertige Arbeit."

Am besten verdienen Lehrer in Luxemburg - bis zu 101 500 Euro im Jahr. In Bulgarien liegt der Durchschnittsverdienst bei nur 4300 Euro jährlich.