Kiel. Im Streit um den Glücksspiel-Staatsvertrag ist Schleswig-Holstein vorgeprescht. Die schwarz-gelbe Koalition setzte gestern im Landtag ein eigenes Glücksspielgesetz durch, um notfalls im Alleingang Online-Spiele wie Poker oder Sportwetten privater Buchmacher zu erlauben. Die Neuregelung greift ab März 2012, allerdings nur, falls es bis dahin keinen neuen Staatsvertrag mit den anderen Bundesländern gibt. Sie wollen das Glücksspiel bislang nur sehr begrenzt freigeben.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) machte am Rande der Debatte deutlich, dass er mit seinen Länderkollegen bei der Konferenz der Regierungschefs Ende Oktober in Lübeck erneut über eine gemeinsame Lösung verhandeln will. Die Grünen plädierten für eine geregelte Freigabe des Wettmarktes, lehnten einen Kieler Alleingang aber als "Affront gegen die anderen Bundesländer" und "gnadenlosen Erpressungsversuch" ab.

SPD, Linkspartei und SSW warnten vor einem "Las Vegas" des Nordens. Sie befürchten zudem eine Konkurswelle bei den Lottoannahmestellen und einen Ausschluss Schleswig-Holsteins aus dem Lottoblock, weil nach dem neuen Gesetz künftig auch private Anbieter wie etwa Tankstellen Tippscheine annehmen dürfen.

Verabschiedet wurde das Gesetz mit der schwarz-gelben Ein-Stimmen-Mehrheit, die der ehemalige Partei- und Fraktionschef Christian von Boetticher sicherte. Carstensen, seit Kurzem Hobby-Imker, bedankte sich gleich zum Auftakt der Sitzung mit zwei Gläsern Honig bei der Grünen-Abgeordneten Marret Bohn. Die Ärztin hatte bei Carstensens Schwächeanfall in der Augustsitzung des Parlaments sofort Erste Hilfe geleistet.