Die Tourismusagentur erwartet mehr Urlauber trotz des Schmuddelsommers. Die Zahl der Übernachtungen könnte um zwei Prozent steigen.

Kiel. Die Urlaubsorte in Schleswig-Holstein steuern trotz des verregneten Sommers auf ein Rekordjahr zu. Nach einer Prognose der Tourismusagentur des Landes könnte die Zahl der Übernachtungen 2011 um etwa zwei Prozent steigen. Für die Folgejahre zeichnet sich ein weiterer Boom ab, weil vielerorts an Nord- und Ostsee neue und exklusive Hotels gebaut werden.

"Ein Urlaub in Schleswig-Holstein liegt im Trend", sagte Kiels Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) dem Abendblatt. "Dass es ab und zu mal Schietwetter gibt, ändert daran nichts." Das Land habe zudem auch bei Regen seine Reize, etwa attraktive Städte und viele Museen. Zu den größten Gewinnern des Schmuddelsommers gehört Lübeck. "Viele Urlauber aus Ferienorten an der Lübecker Bucht machen einen Abstecher in die Hansestadt, besuchen Kirchen oder gehen shoppen", berichtet Doris Schütz von der Lübecker und Travemünder Marketing GmbH. Der Frust der Gäste halte sich in Grenzen. "Sie wissen, dass wir an der Ostsee keine Sonnengarantie haben."

Schlechter sieht es in St. Peter-Ording aus. Die Urlaubsquartiere im Nordseebad sind wie in den meisten anderen Urlaubsorten zwar weiterhin gut gefüllt, aufgrund des schlechten Wetters ist aber der für die Gemeinde so wichtige Tagestourismus insbesondere aus Hamburg eingebrochen. "Es fehlt der große Schwung, weil kein Strandwetter ist", beklagt Werner Domann von der Tourismuszentrale St. Peter-Ording. Das treffe auch die Gemeinde, weil es Einbußen bei Kurtaxe und Parkplatzgebühren gebe.

Trotz aller Klagen überwiegen in den Ferienorten die zufriedenen Gesichter. Travemünde verzeichnete bis Ende Juni ein Übernachtungsplus von mehr als sieben Prozent und rechnet trotz des kühlen Sommers am Jahresende mit Zuwächsen. Gleiches gilt für St. Peter-Ording und absehbar die gesamte Ferienbranche im Land zwischen den Meeren, das bei Urlaubern immer beliebter wird.

"Die Übernachtungszahlen steigen nach einigen negativen Jahren seit 2005 stetig an", bestätigt die Sprecherin der Tourismusagentur, Miriam Flüß. Für den Aufschwung gebe es mehrere Gründe, etwa ein verändertes Urlaubsverhalten in Deutschland. Der Trend zu Fernreisen sei gebrochen, zumal einige Ziele wie in diesem Jahr Tunesien oder Ägypten als unsicher gelten. Immer mehr Menschen würden zudem ihren Urlaub splitten, mehrfach im Jahr für kürzere Zeit verreisen, ergänzt Flüß. Schleswig-Holstein sei ideal für einen solchen Kurzurlaub vor der eigenen Haustür. Zum Erfolg tragen auch die vielen Urlaubsangebote für Kinder und Jugendliche bei, von der Jugendherberge bis zum Freizeitheim. Landesweit gibt es 250 Einrichtungen mit 25 000 Betten.

Weitere Gründe für das Wachstum liegen in Schleswig-Holstein selbst. Das Land reagierte auf die wachsende Konkurrenz aus Mecklenburg-Vorpommern, lockt seit 2008 mit einem bundesweit gelobten Werbekonzept Gäste an und bietet ihnen immer mehr moderne Quartiere wie etwa auf dem Priwall in Travemünde. Dort baute ein niederländisches Unternehmen 88 Ferienbungalows. "Seitdem kommen auch viele Holländer zu uns", erzählt die örtliche Marketingexpertin Schütz.

Travemünde ist nur ein Beispiel von vielen. "Die Investoren haben Schleswig-Holstein wieder entdeckt", sagt Silke Trost, die für die WTSH (Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein) zahlreiche Hotelprojekte betreut. Einige der neuen Luxushäuser haben bereits geöffnet, so das Grand Spa Arosa in List auf Sylt und das erste Vier-Sterne-Hotel auf einer Hallig, das Anker's Hörn auf Langeneß.

Aufgewacht sind auch andere Urlaubsorte. In Wyk auf Föhr ist ein großes Vier-Sterne-Hotel geplant, an dem Apartments für Familien angegliedert sind. An der Ostsee gibt es ebenfalls ehrgeizige Pläne. In Heiligenhafen sollen mit dem Marina Resort auf einem riesigen Gelände direkt hinter den Dünen Hotels, Apartments und Ferienwohnungen mit insgesamt 1000 Betten entstehen. Dazu soll es eine 500 Meter lange Erlebnis-Seebrücke geben.

Neue Wege geht auch eine Hotelierfamilie aus Timmendorfer Strand. Sie will in dem Urlaubsort ein Vier-Sterne-Lifestyle-Hotel bauen. Unter Dach und Fach sind nach Angaben der WTSH zwei weitere Projekte. Das Schloss Weißhaus soll ebenso zu einer Luxusherberge umgebaut werden wie ein alter Getreidespeicher am Hafen von Kappeln.

In St. Peter-Ording beginnt ebenfalls eine neue Ära. Dort soll im nächsten Jahr ein besonderes Sporthotel im Stil der Holzgebäude an der US-Küste öffnen. Zielgruppe sind junge Surfer. "Wir haben noch einige weitere Projekte in der Pipeline", berichtet Trost. Der Schwerpunkt liege dabei an Nord- und Ostsee. Ziel der Hoteloffensive sei es, viele neue und zahlungskräftige Urlauber nach Schleswig-Holstein zu locken - und das auch bei Schmuddelwetter.