Es wurde Haftbefehl gegen 79-Jährigen aus Nindorf erlassen. Autofahrer hatten brennende Leichenteile des 72 Jahre alten Opfers gefunden.

Goldbeck. Der Schock sitzt tief bei den Bürgern der beiden kleinen Dörfer Goldbeck und Nindorf. Die Einwohner der beiden Dörfer im Landkreis Stade wurden mit einem grausigen Fund konfrontiert. Eine Frau ist tot, ihr Körper wurde zerstückelt, die Teile der Leiche an kleinen Feldstraßen an einem Waldstück, auf einem Feld und an einer Kiesgrube bei Goldbeck in einem Umkreis von etwa fünf Kilometern verteilt. Die meisten Leichenteile wurden angezündet.

Am Montag entdeckte eine Spaziergängerin die Arme des zerstückelten Opfers. Sie lagen an einem Wegrand im nahegelegenen Apensen und waren wie andere Teile des Leichnams angezündet worden, wie ein Polizeisprecher sagte.

Am Sonnabend nahm die Polizei gegen 19 Uhr den 79-jährigen Otto H.aus dem etwa einen Kilometer von den Fundstellen entfernten Nindorf fest. Der Mann saß zwei Jahre für die SPD im Beckdorfer Gemeinderat. Er steht im dringenden Tatverdacht, seine Ehefrau getötet zu haben. Gegen den Mann hat ein Richter am Sonntag Haftbefehl erlassen. Sein Schweigen hat der 79-Jährige bisher nicht gebrochen. Auch zu einem möglichen Motiv haben die Beamten noch keine Erkenntnisse. Bis in den Sonntagnachmittag waren Ermittler und Beamte des Erkennungsdienstes in dem Wohnhaus der Ehepaares aus Nindorf beschäftigt, Spuren zu sichern und weitere Indizien zu sammeln. Diese Arbeit wird auch in den nächsten Tagen noch erhebliche Ermittlungszeit in Anspruch nehmen. Auf der Liste steht auch das Fahrzeug des Ehepaares, das noch auf Spuren untersucht werden soll.

Der 79-Jährige galt in seinem Heimatort als Sonderling. Der Mann sei laut Peter Wiechern, dem stellvertretenden Bürgermeister der Gemeinde Beckdorf, "schon immer etwas merkwürdig" gewesen, auch bei seiner Arbeit im Rat. Er sei auch nicht sonderlich in das dörfliche Sozialleben integriert und eher ein Einzelgänger gewesen.

Das Haus des Ehepaares steht abseits zu den Nachbarn im Dorf. Das Ehepaar lebte alleine in dem gelben Backstein-Einfamilienhaus. Sollte es zu Streitigkeiten zwischen dem Paar gekommen sein, die Nachbarn hätten es, so Bohmbach, sicherlich nicht mitbekommen. "Wir haben von den Nachbarn noch keine diesbezüglichen Aussagen erhalten. Wir untersuchen jetzt erst einmal das Haus nach Spuren, die uns Rückschlüsse auf den Tathergang geben könnten", sagte der Polizeisprecher. Die mögliche Tatwaffe sei in dem Haus noch nicht gefunden worden, gestern Nachmittag sollen von der Spurensicherung aber Blutspuren in dem Haus des Ehepaares entdeckt worden sein, die den dringenden Tatverdacht gegen den 79-Jährigen erhärten würden. "Der Mann streitet die Tat vehement ab und hat sich einen Anwalt zu Hilfe genommen", sagt der Polizeisprecher. "Wir sind der festen Überzeugung, dass der Mann die Tat begangen hat." Am Freitagabend war die grausige Tat aufgeflogen. Autofahrer hatten zwischen 21.30 und 22.45 Uhr Feuer an zwei kleinen Feldstraßen bemerkt. Beim näheren Hinsehen stellte sich heraus, dass es Teile eines menschlichen Körpers waren, die in einem kleinen Waldstück und an einem Straßengraben brannten.

Die Polizei riegelte die Region sofort ab und suchte nach weiteren Körperteilen. Die Ermittler waren bis in die frühen Morgenstunden mit der weiteren Spurensicherung beschäftigt. Leichenspürhunde und ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera wurden eingesetzt, da die Beamten, wie sich zeigen sollte, zu Recht davon ausgingen, dass es noch mehr Körperteile geben müsse.

Für eine groß angelegte Suche wurden die umliegenden Feuerwehren alarmiert. Rund 130 Einsatzkräfte waren im Einsatz, das Gelände zwischen Apensen und Sauensiek wurde systematisch abgesucht. Am späten Vormittag wurden weitere Körperteile gefunden. Der Kopf des Opfers sowie Kleidungsstücke wurden an einer Kiesgrube entdeckt, weitere Körperteile lagen in blauen Plastiktüten auf einem Feld.

Der 79-jährige Nindorfer geriet ins Visier der Polizei, weil die Tochter des Paares die Polizei am späten Sonnabendnachmittag alarmiert und ihre Mutter als vermisst gemeldet hatte. Was treibt einen Menschen dazu, einen anderen umzubringen und zu zerstückeln? Diese Frage beschäftigt die Region schon wieder, denn es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei mit einer solchen extrem brutalen Tat im Landkreis Stade konfrontiert wird.

"Der Fall erinnert schon stark an den Mord, den wir im März in Stade hatten, nur diesmal waren die Rollen umgekehrt", sagt Stades Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Damals hatte eine 65-Jährige ihren 71-jährigen Mann in einer Stader Wohnung getötet und zerstückelt. Die Frau bekam schließlich Gewissensbisse und gestand. Im Gefängnis nahm sie sich später das Leben.

Bohmbach geht davon aus, dass es sich auch bei dem Nindorfer Mord um ein Familiendrama handelt. Laut dem Polizeisprecher würden solchen Taten oft langjährige Beziehungsprobleme und auch häusliche Gewalt vorausgehen. Die Probleme würden lange vor sich hinschlummern und irgendwann plötzlich zu einer Gewalteskalation führen. So wie im März dieses Jahres, als das Stader Ehepaar lange unscheinbar in seiner Wohnung zusammenlebte und einen ganz normalen Eindruck bei den Nachbarn hinterließ.

Dass es in der Ehe schon lange kriselte und der Mann seine Frau jahrelang drangsaliert und misshandelt hatte, wusste keiner. Ähnliches, so wird vermutet, habe sich wohl auch in diesem Fall abgespielt. Der Mord in Nindorf ist bereits der vierte im Kreis Stade in diesem Jahr.